23.12.2021, Aktuelles
Kommunales Starkregenrisikomanagement für Walldorf
Risikokarten und Hinweise für Starkregen im TUPV vorgestellt
In den vergangenen Jahren zeigte sich auch in Baden-Württemberg eine Zunahme von lokalen Starkregenereignissen. Solche Starkniederschläge in kurzer Dauer und hoher Intensität verursachen Überschwemmungen und Schäden in der Größenordnung von 50 Prozent der Gesamtschäden, die durch Hochwasser in Baden-Württemberg im Mittel jährlich verursacht werden. Daher hat die Stadt Walldorf auf Basis eines Förderprogramms des Landes Baden-Württemberg begleitet vom Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises und zusammen mit dem Ingenieurbüro Unger, Freiburg ein Starkregenrisikomanagement für Walldorf, erarbeitet. In der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr am 07. Dezember 2021 wurde durch Dipl.-Ing. Ralph Liebold, UNGER ingenieure Ingenieurgesellschaft mbH, Darmstadt zum Starkregenrisikomanagement informiert und die Untersuchungen aufgezeigt.
Von Starkregen spricht man insbesondere, wenn es in kurzer Zeit und lokal begrenzt intensiv regnet. Im Gegensatz zu Flusshochwasser treten diese Überschwemmungen durch Starkregen auch außerhalb und unabhängig von Gewässern auf und stellen insbesondere durch die extrem kurzen Vorwarnzeiten ein hohes Gefährdungspotenzial dar. Ralph Liebold führte aus, dass solche großen Wassermengen deutlich über den Bemessungsgrenzen der Kanalnetze liegen und so auch Siedlungsflächen schnell unter Wasser setzen können. Bebauung und Infrastruktur in Senken können dabei erheblich geschädigt werden.
Der Leitfaden „Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg“ als eine Arbeitsanleitung gibt eine einheitliche, standardisierte Vorgehensweise für die Ermittlung von Gefahren und Risiken durch Starkregenereignisse im Land vor. Auf Basis dieses Verfahrens können die Gefahren und Risiken analysiert und so kommunale Starkregenkarten für das jeweilige Stadtgebiet erstellt werden.
Für die Analyse der Gefahren durch große Niederschlagsmengen wurde eigens ein neues hydrologisches Verfahren in Baden-Württemberg für die zu untersuchenden Abflussszenarien entwickelt. Diese bilden die Grundlage für die Simulation und Erstellung von Starkregengefahrenkarten auf Basis eines digitalen Geländemodells. Im Rahmen der hydraulischen Gefährdungsanalyse werden die Regenereignisse „Selten“ mit ~ 38 mm/h, „Außergewöhnlich“ mit ~ 55 mm/h und „Extrem“ mit ~ 128 mm/h Niederschlag im Rahmen der Simulationsrechnungen angesetzt und mit Hilfe der Simulationen die Starkregengefahrenkarten berechnet.
Durch die insgesamt eher flache Topographie kommt es in Walldorf kaum zu Bildungen von ausgeprägten Fließwegen durch Starkregen, wie Ralph Liebold ausführte. Durch die simulierten Starkregenereignisse entstehen, verteilt in verschiedenen Bereichen des Stadtgebietes, Ansammlungen von Oberflächenwasser. Eine starke Ausbildung von zusammenhängenden Abflussrinnen entsteht eher nicht. Die Gefährdung durch hohe Fließgeschwindigkeiten spielt im Walldorfer Stadtgebiet eine sehr untergeordnete Rolle.
Dennoch kommt es in Walldorf bei den simulierten Ereignissen in Senken zu Wasseransammlungen in mehreren Straßenzügen, was bei außergewöhnlichen Ereignissen zu Wasserständen mit Tiefen bis zu 30 cm und darüber hinaus führt. Die jeweilige Betroffenheit von Grundstücken lässt sich aus den erarbeiteten Risikokarten ersehen. Die Karten und zugehörige Informationen sind auf der Homepage der Stadt Walldorf bereitgestellt.
Die Gefahrenkarten wurden ausgewertet und eine Risikoanalyse durchgeführt, bei der risikobehaftete Siedlungsbereiche, Gebäude, Infrastruktureinrichtungen und Bereiche mit zu erwarteten Gefährdungen identifiziert wurden. Das entwickelte kommunale Handlungskonzept zu den Starkregengefahren umfasst die Themen Informationsvorsorge, Flächenvorsorge, Krisenmanagement und ein Konzept für kommunale städtische bauliche Einrichtungen. Im Sinne dieses Konzeptes wurde die Gefährdung für 15 identifizierte städtische Risiko-Objekte im Detail untersucht. Die Vorsorgemaßnahmen sollen im Zuge der Bauunterhaltung bei den städtischen Objekten angegangen und berücksichtigt werden, führte Stadtbaumeister Andreas Tisch aus.
Für private Gebäude oder Grundstücke von Unternehmen stellt die Gefährdungsanalyse eine Hilfestellung für die Ableitung objektbezogener Hochwasserschutzmaßnahmen durch private Grundstückseigentümer dar, betonte Ralph Liebold, auch an die Besucher der Sitzung gerichtet. Eine Einschätzung der Gefahrenlage für die Gebäude und Infrastrukturen im Stadtgebiet wird nun erkennbar und kann nachvollzogen werden. Diese Möglichkeiten zur objektbezogenen Betrachtung sollen über die Veröffentlichung und Zurverfügungstellung der Gefahrenkarten über das Internet gegeben werden.
Für Bürgermeister Matthias Renschler sollen die Informationen dazu beitragen, für die Gefahren zu sensibilisieren und auch Bürger zu ermuntern, Vorsorge gegenüber Starkregenereignissen zu treffen, um mögliche Schäden im Ernstfall zu vermeiden oder zumindest spürbar zu verringern.
In der Sitzung fragt Stadtrat Hans Wölz, Bündnis 90/Die Grünen nach Möglichkeiten der Frühwarnungen gegenüber solchen Ereignissen und stellt auch die Frage, was die Kommune hier tun könne. Hierzu verwies Ralph Liebold vom Ingenieurbüro darauf, dass urbane Sturzfluten kaum vorhersagbar sind. Hier bleibt einem nur, die Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) genau zu verfolgen. Stadtrat Manfred Wolf, Bündnis 90/Die Grünen bemerkt, dass in manchen Bereichen der Wohnstadt durchaus erkennbare Risiken durch Starkregen abhängig von Gelände und Topographie vorhanden sind und dies breite Beachtung finden sollte. Die Frage, ob mit den Geländemodellen Synergien im Sinne weiterer Planungen entstehen, stellte Stadträtin Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, SPD-Fraktion. Sie weist auch insbesondere auf die Unterführungen im Stadtgebiet als Gefahrenstellen hin. Stadtbaumeister Tisch erläutert dazu, dass im Zuge von Neuplanungen von Baugebieten auf der Niederschlagswasserbewirtschaftung ein großes Augenmerk liegt.
Stadtrat Maximilian Himberger, Bündnis 90/Die Grünen fragt beim vortragenden Ingenieur nach, inwieweit sich Entsiegelungsmaßnahmen im Stadtgebiet in solchen Fällen positiv auswirken. Der Vertreter des Ingenieurbüros führt dazu aus, dass sich bei solch starken Ereignissen die Oberflächenbeschaffenheit nicht wirklich auswirkt. Entsiegelungen kommen eher der Thematik Mikroklima und Versickerung zugute.
Stadtrat Günter Lukey (FDP) sieht hier Hausaufgaben, insbesondere für die privaten Eigentümer, denn auch diese müssen sich aktiv mit den Starkregen-Risikokarten beschäftigen und auseinandersetzen.
Bürgermeister Matthias Renschler betonte, dass diese Vorstellung im TUPV der Start der Informationen sei und man ergänzend informieren werde, denn jeder Grundstückseigentümer im Stadtgebiet ist gefordert, Vorsorge zu treffen und sich mit dieser Thematik Starkregen auseinanderzusetzen.
Informationen hierzu auch unter der Rubrik "nachhaltig" im Unterpunkt "Umweltschutz".