23.04.2025, Kultur & Freizeit

Einkommensabhängig statt pauschal

Wie kann der Öffentliche Personennahverkehr noch attraktiver werden? Der Gemeinderat diskutierte jetzt über einen Antrag der Grünen-
Fraktion, das Jugendticket zu bezuschussen.
Archiv-Foto: Stadt Walldorf
Einkommensabhängig

Gemeinderat berät Grünen-Antrag auf ÖPNV-Zuschuss für Jugendliche

Der Gemeinderat hat die Verwaltung beauftragt, Möglichkeiten einer einkommensabhängigen ÖPNV-Bezuschussung für Jugendliche, aber auch andere Personengruppen zu erarbeiten. Grundlage des Beschlusses war ein Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf Subventionierung des Jugendtickets BW für Walldorfer Jugendliche. „In Walldorf stoßen Jugendliche schnell an ihre Grenzen“, begründete Moritz Winnes den Antrag der Grünen-Fraktion. Mit dem bezuschussten ÖPNV-Ticket könne man Jugendlichen „mehr Möglichkeiten geben, sich zu bewegen und zu entfalten“.

Die Verwaltungsvorlage zum Tagesordnungspunkt zeigte auf, dass mit dem sogenannten „D-Ticket JugendBW“ Menschen unter 21 Jahren (unter bestimmten Voraussetzungen auch bis zu 27 Jahren) die Möglichkeit haben, deutschlandweit und rund um die Uhr im gesamten Nahverkehr unterwegs zu sein. Die Kosten betragen 39,42 Euro pro Monat. Darin sind die kostenlose Ruftaxinutzung, Vergünstigungen beim VRNnextbike und günstige Konditionen für das Carsharing beinhaltet. Zum Jahresende 2024 waren in Walldorf 3778 Menschen im Alter zwischen sechs und 27 Jahren gemeldet, davon nutzen auch ohne Förderung durch die Stadt bereits 437 oder 11,6 Prozent das Jugendticket. Würden alle Kinder und Jugendlichen das Angebot annehmen, lägen die Kosten für die Stadt bei einem 50-prozentigen Zuschuss bei fast 900.000 Euro im Jahr, bei einem 20-prozentigen Zuschuss bei knapp über 350.000 Euro. Rechnet man lediglich mit der Altersgruppe der Sechs- bis 20-Jährigen, wären es 630.000 beziehungsweise 250.000 Euro. „Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Inanspruchnahme innerhalb der Jahrgänge nicht bei 100 Prozent liegt, sondern sehr wahrscheinlich deutlich darunter“, so die Einschätzung der Verwaltung.
Bereits städtisch bezuschusst wird das Deutschlandticket mit 50 Prozent der Kosten für alle Personen, die sich im Leistungsbezug im Sinne des SGB II oder SGB XII befinden. Wolle man nicht „mit der Gießkanne fördern“, so die Verwaltung zum Grünen-Antrag, wäre eine Förderung in Anlehnung an den Walldorf-Pass eine Option. Dieser ist bei Familien mit bis zu zwei Kindern einkommensabhängig, bei Familien mit drei und mehr Kindern entfällt der Einkommensnachweis. „Daneben würden auch berechtigte Seniorinnen und Senioren in den Genuss eines Zuschusses kommen“, heißt es in der Begründung.
Über die Summe von 900.000 Euro sei man erschrocken, so Moritz Winnes, allerdings sei diese nicht realistisch. Welche Einschränkungen man mache, könne die Stadt selbst steuern. „Wir machen schon viel für Jugendliche, aber wir können noch mehr tun“, sagte er. Um tatsächlich nicht nach dem Gießkannenprinzip zu fördern, könne man den Verwaltungsvorschlag mitgehen. Christian Winnes (CDU) sagte, es gebe nach wie vor viel Verkehr in Walldorf und man wolle die ÖPNV-Nutzung auch nach der Abschaffung des kostenlosen Busfahrens „weiter niederschwellig“ möglich machen. „Es ist wichtig für Jugendliche, mobil zu sein“, stellte er fest. Dennoch habe man sich in der CDU die Frage gestellt, ob es richtig sei, eine einzelne Altersgruppe zu fördern. Deshalb könne man sich ebenfalls dem Verwaltungsvorschlag anschließen.

Lorenz Kachler (SPD) verlas die Stellungnahme seines kurzfristig erkrankten Fraktionskollegen Christian Schick und erwähnte, dass die SPD „mit Leidenschaft“ für die Beibehaltung des kostenlosen Busfahrens gekämpft habe. „Wir fragen uns nach dem Warum?“, sagte er zum Grünen-Antrag. Denn das „D-Ticket JugendBW“ sei bereits subventioniert und man sehe keinen Grund, eine Gruppe aus der Bevölkerung pauschal zu fördern, „alle anderen aber nicht“. „Gut gewollt ist nicht gleich gut gemacht“, sagte Dr. Günter Willinger (FDP) zum Antrag. Man wolle nicht „nur die Jugendlichen fördern und andere Personengruppen, insbesondere die Seniorinnen und Senioren, außen vorlassen“, konnte auch er dem Verwaltungsvorschlag zustimmen. Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) sah einerseits eine „positive Initiative“, die dazu beitragen könne, den ÖPNV für junge Walldorfer „noch attraktiver zu machen“. Allerdings führe die pauschale Förderung „vielleicht zu einem Mitnahmeeffekt“. Deshalb sei eine einkommensabhängige Gestaltung besser.