19.11.2024, Kultur & Freizeit

Walldorfer Künstlerleben: fliegen, schreiben, Wein trinken

Aus dem Walldorfer Tagebuch von Gastkünstlerin Sanna Konda

Bevor ich nach Walldorf gekommen bin, gab es auf dem beschaulichen Marktplatz meiner kleinen ostfriesischen Heimatstadt Norden ein allerorts gepriesenes Weinfest. Zahlreiche Plakate und Flyer kündigten an: blutige Rote, knackige Weiße. Ich fotografierte den Flyer und schickte das Bild einem Freund mit dem Kommentar: Blutige Rote, knackige Weiße … Wenn Ostfriesen über Wein sprechen, muss man an Wurst denken. Seine Antwort: Das will ich irgendwo gedruckt lesen. (Deswegen schreibe ich es hier in mein Walldorfer Tagebuch, nur für den Fall, dass das jemand druckt.) Angeregt vom Weinfest habe ich jedenfalls damals schon begonnen, mich auf meine Zeit in Walldorf und den berühmten Wein der Region zu freuen.

Mein Mann und ich gehen unsere schon so lieb gewonnene Johann-Jakob-Astor-Straße aus der Stadt hinaus Richtung Storchenwiese, der Fluglärm ist schon von Weitem zu hören. Es ist Flugfest. Auf dem Gelände angekommen, muss mein Mann erst mal begeistert alle dort ausgestellten Modellflugzeuge fotografieren. Der Bürgermeister hatte besonders auf die kulinarischen Aspekte des Flugfests hingewiesen und vorfreudig suche ich nach einem Weinausschank. Ich bestelle eine Weinschorle. Die Frage, ob ich diese süß oder sauer haben möchte, macht mich perplex.

Zwei kleine Flugzeuge liefern sich ein Wettrennen über den Himmel, das in ein harmonisches Synchronfliegen mündet. Eines der beiden Flugzeuge kondensiert im Sturzflug einen Streifen an den Himmel, um den das andere seine Loopings dreht. Ich, die ja viel über Vögel schreibt, staune mit in den Nacken gelegtem Kopf und denke mir nicht zum ersten Mal, dass Schreiben und Fliegen verwandt sind. Und ich meine das gar nicht mal zu metaphorisch.

Während die Flieger ihre Kunststücke präsentieren, muss ich an eine Szene aus Antoine de Saint-Exupérys Flug nach Arras denken, in der eine Maschine im Flug Feuer fängt. Der Pilot klettert, um sich vorübergehend in Sicherheit zu bringen, auf einen der Flügel. Hoch im Himmel auf diesem Flügel sitzend sieht er seinem Flugzeug beim Verbrennen zu. Ein ewiger Moment in Todesnähe. Dass der Flieger überlebt, ist ein Wunder in diesem an Wundern nicht armen Buch.