01.05.2024, Startseite
Trauer aus der Tabuzone holen
Das Team der ehrenamtlichen Trauerbegleiter tauscht sich regelmäßig aus.
Foto: Stadt Walldorf
Trauerfrühstück bietet Betroffenen einen geschützten Raum
Seit Oktober 2023 gibt es das Trauerfrühstück Oase, ein Angebot des Vereins Generationenübergreifendes Leben Walldorf (GeLeWa), das von vielen Kooperationspartnern unterstützt wird, darunter die Stadt Walldorf.
Zehn Ehrenamtliche engagieren sich bei dem Angebot von GeLeWa. Bei jedem Trauerfrühstück sind drei bis fünf von ihnen dabei. Im Idealfall kommt so auf drei Teilnehmer ein Begleiter. Mit Anna Friesen und Cornelia Bensch gibt es bereits zwei ausgebildete Trauerbegleiterinnen, fünf weitere Ehrenamtliche aus dem Team sind noch in der Ausbildung, die sie im Juni abschließen werden. Tatjana Hartmann-Odemer hat die Ausbildung der Trauerbegleiter übernommen und auch das Konzept für das Trauerfrühstück mit dem Team ausgearbeitet.
Es gehe darum, den Trauernden einen geschützten Raum für ihre Trauer zu bieten. Es spiele dabei auch keine Rolle, wie oft jemand das Angebot nutzen möchte. Das könne ein einziges Mal sein oder regelmäßig. Auch der Zeitraum bleibt den Trauernden überlassen. Manche brauchten Jahre, um den Verlust eines Menschen zu verarbeiten. Dann fehle es oft an Verständnis im Umfeld der Betroffenen. „Hier bekommen sie Verständnis und Anteilnahme“, schildert Andrea Gramlich, Mitglied im Vorstand von GeLeWa.
Im Schnitt kommen sieben Teilnehmer zum Trauerfrühstück, manche von ihnen seien schon von Anfang an dabei. Beim Trauerfrühstück gebe es für jeden Teilnehmer die Möglichkeit, sich einzubringen, die anderen an seinen Gefühlen und Erfahrungen teilhaben zu lassen. Das sei aber kein Muss. Die Trauerbegleiter sorgen für einen Rahmen, der dem Trauerfrühstück eine Struktur gibt und in dem sich alle wohlfühlen, einbringen oder auch nur mal zuhören können. Zu Beginn jeder Veranstaltung könne jeder Teilnehmer seine aktuellen Gefühle und Themen mittels eines Würfels, der statt Augen Symbole für verschiedene Stimmungen hat, zum Ausdruck bringen. Es sei wichtig, sich mit der Gefühlslage und dem Trauerprozess im Hier und Jetzt auseinanderzusetzen. Denn auch dies könne schwanken. Beim Trauerfrühstück werde darauf Rücksicht genommen. Daraus ergebe sich in jeder Veranstaltung auch eine gewisse eigene Dynamik. Und der Austausch untereinander tue den Teilnehmern gut, sind die Verantwortlichen überzeugt. Viele hielten auch über das Trauerfrühstück hinaus Kontakt.
„Wir können natürlich nur in einem bestimmten Rahmen für die Menschen da sein. Aber es gibt in Walldorf zahlreiche Angebote, die wir gerne weiterempfehlen, zum Beispiel von der Generationenbrücke oder den Kirchengemeinden“, weist Klemens Gramlich auf eine große Bandbreite von sozialen Angeboten in Walldorf hin. Das könne dabei helfen, trauernde Menschen aus der Isolation zu holen und an gesellschaftlichen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Das Trauerfrühstück sei eine logische Weiterentwicklung des Cafés im Quartier, das seit rund zwei Jahren ebenfalls im Treff des generationenübergreifenden Wohnhofs regelmäßig stattfindet und sich an Menschen mit Demenz sowie deren Angehörige und Nahestehende richtet. Viele der Angehörigen machten bereits eine Form der Trauer durch, während sie einen an Demenz Erkrankten begleiteten, sagt Andrea Gramlich.
Die Motivation der Ehrenamtlichen, bei dem Projekt mitzumachen, ist ganz unterschiedlich. Viele schildern, dass die Arbeit als Trauerbegleiter es ermögliche, die eigenen, wertvollen Erfahrungen mit der Bewältigung von Trauerprozessen weiterzugeben. „Jeder hat schon Erfahrungen mit Trauer in seinem Leben gemacht“, verdeutlicht Andrea Gramlich, wie präsent das Thema ist. Trotzdem müsse man das Thema Trauer immer noch aus der Tabuzone holen. Das Trauerfrühstück Oase könne dazu einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten, sind sich alle einig.
Das Trauerfrühstück Oase findet jeden ersten Donnerstag im Monat im Mehrgenerationenhaus in der Bürgermeister-Willinger-Straße 60 statt, jeweils von 9.30 bis 11 Uhr. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Der nächste Termin ist am 6. Juni.