10.02.2023, Startseite
Schüler spielen Gemeinderat
Die Klasse 10b der Theodor-Heuss-Realschule spielte in ihrem Planspiel Kommunalpolitik eine Gemeinderatssitzung nach. Den Vorsitz übernahm wie bei den echten Sitzungen Bürgermeister Matthias Renschler.
Foto: Helmut Pfeifer
„Planspiel Kommunalpolitik“ der Klasse 10b der Theodor-Heuss-Realschule
„Ihr habt hervorragende Arbeit geleistet“, lobte Bürgermeister Matthias Renschler seinen „völlig neu besetzten“ Gemeinderat nach einer interessanten Sitzung im Ratssaal. Die Stelle der gewählten Volksvertreter hatten an diesem Nachmittag Schülerinnen und Schüler der Klasse 10b der Theodor-Heuss-Realschule eingenommen. Im Finale ihres „Planspiels Kommunalpolitik“, unterstützt vom Fritz-Erler-Forum Baden-Württemberg, dem Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung, spielten sie eine Gemeinderatssitzung nach, auf die sie sich zuvor an zwei Projekttagen gut vorbereitet hatten. „Der Dank gebührt allen Beteiligten“, sagte Nicola Roth im Namen der Stiftung nach einem auch aus ihrer Sicht gelungenen Planspiel vor zahlreichen Zuhörern. Die Schüler hätten dabei feststellen dürfen, dass Kommunalpolitik viel mit ihnen selbst zu tun hat und dass sie daran aktiv mitwirken können.
Mit einem Besuch im Rathaus und einer Gemeinderatssitzung am ersten Projekttag sowie der Erarbeitung von Anfragen und Anträgen gemeinsam mit Vertretern der Walldorfer Fraktionen hatten sich die Schüler intensiv auf ihre Sitzung vorbereitet. Humor bewiesen sie mit den Namen, die sie ihren Fraktionen gegeben hatten. Im Plenum saßen also Räte von „Discover More“, „Trinken und WLAN“ und „Walldorf2“, der „Himmel-Partei“ und der „Versorgungspartei Deutschland“. Ernster wurde es bei den Themen. „Wie ist der momentane Stand der Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine?“ – „Wie läuft der aktuelle Umbau des Tierparks?“ – „Ist die Ausstattung der Mensa am Schulzentrum mit öffentlichem WLAN denkbar?“ – „Ist es möglich, einen kostenlosen Wasserspender im öffentlichen Raum zu installieren?“ – Und: „Hat sich die Einrichtung der Fahrradstraße gelohnt?“
Anfragen, die Bürgermeister Renschler gerne beantwortete. Im Moment seien 60 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in der Anschlussunterbringung, weitere seien privat untergebracht, erklärte er. Es gebe einen regelmäßigen Austausch mit der Stadt und dem Verein Begegnungen in Walldorf, es sei in aller Interesse, die Menschen zu integrieren, „so gut es geht“. Aber: Die Sprachbarriere sei ein großes Problem, „vielen scheinen isoliert, daran muss man arbeiten“. Der Bürgermeister sagte: „Integration kann man nicht vorgeben, sie muss gelebt werden.“ Deshalb sei es „sicher gut, wenn gerade Schüler aufeinander zugehen“. Zu den anstehenden Veränderungen im Tierpark erläuterte Renschler, man werde den Gemeinderat noch im ersten Halbjahr über die geplanten Baumaßnahmen informieren. Da gehe es zunächst um die Betriebsgebäude, dann auch um den Spielplatz und das Affenhaus. Ein neu erarbeitetes Tierkonzept „muss im Rat beschlossen werden“, so der Bürgermeister.
Dass die Politik nicht immer alles entscheiden kann, wurde mit der Anfrage zum WLAN in der Mensa deutlich. Das gehe nur, „wenn es von den Schulleitungen gewünscht“ sei, machte Matthias Renschler klar. Dann könne die Stadt das entsprechende Angebot bereitstellen. Tatsächlich bereits geprüft werde im Rahmen des Hitzeaktionsplans die Installation von Trinkwasserbrunnen. Und die Einführung der Fahrradstraße habe sich „sehr gelohnt“, sie werde gut angenommen. Nachdem man in einigen Punkten nachgesteuert habe, gebe es inzwischen auch „keine negativen Äußerungen mehr“.
Im ersten Antrag der Sitzung forderte „Discover More“, dass mindestens zehn Pfandflaschenringe an gut besuchten Orten im Stadtgebiet aufgehängt werden, von den Schulen bis zum Sportplatz. Zu viele Flaschen würden einfach auf den Boden geworfen, hieß es in der Begründung. Die Pfandringe würden für mehr Sauberkeit sorgen, Pfandsammler könnten die Flaschen einfach aus den Ringen herausnehmen und abgeben – ohne sich durch Mülleimer wühlen zu müssen. Das traf auf breite Zustimmung der anderen Fraktionen und auch der Bürgermeister stellte fest: „Das ist eine sinnvolle Geschichte, die wir überdenken können.“
Die „Himmel-Partei“ wünschte sich eine Suchtberatung in einem separaten Raum im JUMP, verbunden mit der Schaffung einer neuen Stelle. Begründet wurde das von den Schülern damit, dass „es in Walldorf unter den Jugendlichen viele Suchtprobleme“, aber „keine direkte Anlaufstelle für diese Altersgruppe“ gebe. Das begrüßten ebenfalls alle Fraktionen, diskutiert wurde lediglich über den richtigen Ort für ein solches Angebot: Die Mehrheit lehnte in der Abstimmung einen „neutralen Ort“ ab und sah das JUMP, und dort möglichst einen separaten Raum, als beste Lösung an. Der Bürgermeister verwies darauf, dass aktuell die Mobile Jugendberatung sich auch um dieses Thema kümmere.
Einen Automaten, der auf dem Schulgelände heiße Getränke liefert, wünschte sich die Fraktion „Trinken und WLAN“ im Namen zahlreicher Schüler. Hier gab es Skepsis: Hygienische Gründe wurden angeführt, auch die wohl fehlende Nachfrage in der wärmeren Jahreszeit, und der Bürgermeister machte darauf aufmerksam, dass es Sache des Caterers in der Mensa wäre, ein solches Angebot zu machen. Am Ende lehnte die Mehrheit der Schüler den Antrag ab. Dasselbe Schicksal ereilte den Vorschlag der Fraktion „Walldorf2“, Standorte für sogenannte „Lebensmittelschränke“ zu suchen, die mit haltbaren Lebensmitteln der Versorgung bedürftiger Menschen dienen sollen. „Das würde ich als Stadt nicht betreiben wollen“, nannte Bürgermeister Renschler fehlende Kontrolle und Hygiene als Hindernisse. Auch viele Schüler sahen das kritisch. Am Ende einigte man sich darauf, Gespräche mit der Walldorfer Tafel zu führen, ob ein solches oder ähnliches Angebot denkbar wäre.
Mit dem letzten Antrag hatte sich auch schon der echte Walldorfer Gemeinderat beschäftigt: Die „Versorgungspartei“ schlug vor, dass die Gemeinde Hygieneartikel an öffentlichen Toiletten und Schulen kostenlos bereitstellt. „Die Prüfung läuft“, sagte der Bürgermeister, danach werde man sehen, was an welchen Orten umsetzbar sei. Sein Fazit: „Das waren gute Anfragen und Anträge. Toll, was ihr entwickelt habt.“ Ähnlich zufrieden zeigte sich am Ende auch Mathias Schneider, der verantwortliche Lehrer.