21.05.2024, Kultur & Freizeit

Rock’n’Roll rund um die Uhr

Was wäre der Rock'n'Roll Weekender ohne die alten Straßenkreuzer und Hot Rods? Für Autofans gab es wieder viel zu sehen.
Foto: Kerstin von Splényi

Der Weekender machte Walldorf wieder zum Mekka der Retroszene

Bei Veranstaltungen, die zu einem großen Teil Open Air stattfinden, wandert der besorgte Blick des Veranstalters und der Gäste stets zwischen Wetter-App und Himmel hin und her; so auch am vergangenen Wochenende. Rockabellas und Rockabillys hatten sich zum alljährlichen Rock’n’Roll Weekender in Walldorf eingefunden. Andy Widder (Rockin Retro), der seit mehr als 20 Jahren den Weekender ausrichtet, war verhalten optimistisch, dass alle Veranstaltungen wie geplant stattfinden können.

Also wurden Petticoats aus der Schublade hervorgeholt, Schlaghosen aufgebügelt, Haargel-Tiegel bereitgestellt und Lockenwickler aussortiert. Vor allem im rockigen Dreieck zwischen Astoria-Halle, AQWA Bäder- und Saunapark sowie Schulzentrum war das Aufgebot an Damen mit sittsamen Hüten und Herren im Hawaiihemd besonders groß.

Bereits am Freitagabend wurde die Astoria-Halle sozusagen vorgewärmt. Die neu zusammengestellte „Sascha Kommer Combo“ heizte gleich beim Opening den Gästen ordentlich ein. Der charismatisch-präsente „Lou Cifer and the Hellions“ und „The Jets“ aus Großbritannien, eine lebende Legende im Rockabilly-Universum, ließen weder schnippende Finger noch zuckende Tanzbeine zur Ruhe kommen. Am Wochenende der kurzen Nächte wurde bis spät in die Nacht zu rock’n‘rolliger Musik getanzt und gefeiert, ehe es am nächsten Tag schon gegen Mittag wieder stilgerecht gestylt zum geselligen Beisammensein ging.
Auch der Wettergott scheint ein echter Rock’n’Roller zu sein, denn langsam aber stetig wurde das Wetter immer besser. Hatten Flohmarkt und Pool-Party wettertechnisch noch leichte Durchhänger, so konnten sich die Bands und Zuhörer bei den Auftritten auf der Seebühne im AQWA über Sonnenschein und beste Temperaturen freuen.

Echte Fans hält aber auch kein Matschfeld davon ab, auf dem Flohmarkt vor dem Hotel Leonardo nach Raritäten aus den 50er und 60er Jahren zu stöbern. Von modischen Accessoires über Lampen und Kleinmöbel bis hin zu Schallplatten und Radios blieben fast keine Wünsche offen. Die ersten zaghaften Sonnenstrahlen nutzten ganz Wagemutige bei der Pool-Party zum Sprung ins kühle Nass. Zahlreiche Gäste stimmten sich zur Livemusik der vielseitigen Rock’n’Roller „Lucky Steve & the Blackforest Ramblers“ oder dem Vinylsound von DJ Spy auf die kommenden Stunden ein.

Sehr großer Beliebtheit erfreuten sich die Tanzkurse in Rockabilly Jive und Jive „Gentle“ Style, die bei freiem Eintritt angeboten wurden. Bei Livemusik im großen Saal oder zu Konservenklängen der DJs beziehungsweise DJanes im kleinen Foyer konnten die Paare das Gelernte dann auch gleich anwenden. Dabei fand praktisch jede Stilrichtung von Jive und Swing, Jump-Blues und traditionellem Rockabilly über Revival Rock’n‘Roll bis hin zu Doo Wop und Surf ihre Liebhaber.

Petticoat zerrissen? Pomade daheim vergessen? Kein Problem, auf dem 50s Markt fanden Frau und Mann alles, was ein Fünfziger-Jahre-Styling ausmacht: enge und weite Kleider, Petticoats in fast allen Farben, Haarschmuck, Schuhe und Handtaschen, Hemden und Hosen, einen Fachmann zum Bärte trimmen, die richtige Hochsteckfrisur und das passende Make-up.

Die einmalige Kulisse der Seebühne im AQWA Bäder- und Saunapark zog schon am Sonntagmittag, besonders aber am Montagmittag sonnenhungrige, musikbegeisterte Rockabellas und Rockabillys an. Ausgestattet mit Sonnenschirm, Picknickdecke und/oder Liegestuhl fanden sich zahlreiche Zuhörer ein. Die wenigen Schattenplätze waren schnell vergeben.

Traditionell gehört der Pfingstmontag den Freunden von endlosen Heckflossen und blubberndem V8-Motorengeräusch. Beim Treffen der Oldtimer- und US-Car-Szene bei der Rust’n’Chrome Car Show kommt es nicht auf das Fabrikat an. Hier zählt eher die Liebe zum Detail und die Hochglanzpolierung. Die Live-Präsentation des neuen deutschsprachigen Rockabilly-Albums von „Didi Beck & Band“ sorgte bei Hochsommertemperaturen für die richtige Stimmung.

Am Ende des Wochenendes konstatierte ein sichtlich müder und zufriedener Andy Widder: „Es war eine gänsehautniederkniendgeniale Veranstaltung.“ Nach den letzten schwierigen Jahren sei nun ein Lichtschein am Ende des Tunnels zu erkennen.