17.07.2024, Startseite
Musiktage feiern die Mannheimer Schule
Vorfreude auf die kommenden Walldorfer Musiktage: (v.li.) Bürgermeister Matthias Renschler, der künstlerische Leiter Dr. Timo Jouko Herrmann, Heike Käller (Fachdienst Kultur und Sport) und der Erste Beigeordnete Otto Steinmann.
Foto: Helmut Pfeifer
„Arkadien in der Kurpfalz“ zum 300. Geburtstag von Kurfürst Carl Theodor
„Unter seiner Regentschaft hat sich die Region zu einem wahren Arkadien entwickelt, zu einem Paradies für Kunst und Kultur“, sagt Dr. Timo Jouko Herrmann über den großen Mannheimer Kurfürsten Carl Theodor (1724-1799). Dass 2024 dessen 300. Geburtstag begangen wird, ist für Herrmann, Initiator und künstlerischer Leiter der Walldorfer Musiktage, „die Steilvorlage“ gewesen, die 15. Auflage des Festivals dem feinsinnigen Förderer der Tonkunst zu widmen. „Arkadien in der Kurpfalz“ heißt es deshalb bei fünf Veranstaltungen zwischen 22. September und 13. Oktober, die jetzt in einem Pressegespräch vorgestellt wurden. „Ein spannendes Thema und ein schönes Programm, das bestimmt wieder hervorragend ankommt“, sagt Bürgermeister Matthias Renschler.
Die Mannheimer Schule ist in der internationalen Musikwissenschaft ein feststehender Begriff. „Carl Theodor hat es geschafft, seine Hofkapelle innerhalb weniger Jahre zum besten Orchester der Welt zu machen“, sagt Herrmann. Heute würde man nach seinen Worten von „Scouts“ sprechen, die damals in alle Himmelsrichtungen ausschwärmten, um die besten Musiker zu rekrutieren. Diese hätten „nicht nur virtuos gespielt“, sondern seien alle auch als Komponisten tätig gewesen. Um im Bild zu bleiben: „Das war absolute Top-Liga.“ Experimente waren nicht nur gestattet, sie wurden gefördert, die Qualität der Werke und ihrer Umsetzung war hoch. Dementsprechend seien die Menschen regelrecht in die Kurpfalz „gepilgert“, um des Kurfürsten Hofkapelle zu hören. Mit den Veranstaltungen der Walldorfer Musiktage will der städtische Musikbeauftragte Herrmann zeigen, „wie vielgestaltig das war“, aber auch „wie es weiterging“ – nachdem Carl Theodor 1777 auch Kurfürst von Bayern wurde und daraufhin seine Residenz von Mannheim nach München verlegen musste. „Er hat praktisch seine ganze Hofkapelle mitgenommen“, sagt Herrmann und unterstreicht noch einmal deren Bedeutung: „Der Mannheimer Stil hat die Wiener Klassik vorbereitet und mitgeprägt.“
Vieles davon wird bei einem neuen Format zur Sprache kommen, mit dem das diesjährige Festival startet: dem „Musiktage Talk“ am Sonntag, 22. September, 16 Uhr, im Café des JUMP. Marcus Imbsweiler, Musikwissenschaftler und bekannter Schriftsteller, und Timo Herrmann werden bei freiem Eintritt im lockeren, mit zahlreichen Hörbeispielen garnierten Gespräch die große Innovationskraft der kurfürstlichen Hofkapelle beleuchten. „Das soll interaktiv sein, das Publikum darf und soll gerne Fragen stellen“, sagt Herrmann über das „entspannte Format, das die Türen für die Konzerte öffnet“ und niederschwellig ins Thema einführt.
Mit „Abendmusik bei Carl Theodor“ findet das erste dieser Konzerte am Mittwoch, 25. September, 19 Uhr, schon traditionell im Atrium des Rathauses statt. Der versierte Cembalist Kristian Nyquist, der an der Hochschule für Musik in Karlsruhe unterrichtet und in Walldorf kein Unbekannter ist, hat drei exemplarisch ausgewählte Werke aus der laut Herrmann „Fülle von Kompositionen, die damals in kleineren Zirkeln gespielt wurde“, im Gepäck. Begleitet wird er vom Ensemble Operino auf historischen Instrumenten. Zentrales Werk des Abends ist das selten zu hörende Cembalokonzert in e-Moll von Franz Xaver Richter (1709-1789), das charakteristische Elemente des galanten Stils und des musikalischen Sturm und Drang miteinander vereint. Außerdem erklingen Werke von Anton Fils (1733-1760) und Carl Philipp Stamitz (1745-1801).
„Mozart vs. Vogler – Rivalen in Mannheim“ heißt es am Freitag, 27. September, 19 Uhr, in der Laurentiuskapelle. Anders Muskens, ein kanadischer Spezialist für Alte Musik, historische Instrumente und die Mannheimer Schule, spielt auf einem Tafelklavier aus der Zeit Carl Theodors. Sein Programm widmet sich der großen Rivalität zwischen Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), der gerne einen Posten am Hof des Kurfürsten eingenommen hätte, und Georg Joseph Vogler (1749-1814), der bei Carl Theodor in höchster Gunst stand und als einer der fortschrittlichsten Musiker seiner Zeit galt. Dass Mozart „wenig charmante Worte“ über ihn verloren hat, trug laut Herrmann zum später vorherrschenden negativen Bild Voglers bei. Das Programm soll zeigen, dass mit diesen beiden Komponisten „zwei geniale Köpfe aufeinandergeprallt“ sind.
Am Donnerstag, 10. Oktober, 19 Uhr, lädt das Salomon Duo zur „Blumenlese für Klavierliebhaber“ in die Laurentiuskapelle. Annette Wieland (Mezzosopran) und Katharina O. Brand (Hammerflügel) spielen ausgewählte Kompositionen aus der gleichnamigen, von 1782 bis 1787 in Speyer veröffentlichten Zeitschrift, in der unter anderem die ersten Kompositionen des jungen Ludwig van Beethoven (1770-1827) publiziert wurden. „Die beiden werden eine Entdeckungsreise durch innovative Werke machen“, kündigt Herrmann Lieder und Klavierwerke von Antonio Rosetti (1750-1792), Joseph Aloys Schmittbaur (1718-1809), Beethoven und anderen an. Das zeige: Auch nach dem Abschied Carl Theodors aus Mannheim sei das Musikleben in der Region „nach wie vor sehr rege und aktiv“ gewesen.
Zum Abschluss der diesjährigen Walldorfer Musiktage ist das Publikum am Sonntag, 13. Oktober, 18 Uhr, in der Astoria-Halle „Mit Carl Theodor in der Oper“. Ein opernerfahrenes Sängerensemble mit Ulrike Kristina Härter (Sopran), Mariia Sytailo (Sopran), David Krahl (Tenor) und Philipp Schädel (Bass) präsentiert, begleitet vom Ensemble Operone unter der Leitung von Timo Jouko Herrmann, Auszüge aus musikalischen Bühnenwerken, die im Auftrag Carl Theodors entstanden sind. Als progressiver Musikmäzen bestellte der Kurfürst zahlreiche Werke bei den innovativsten Komponisten seiner Zeit, darunter Francesco de Majo (1732-1770), Ignaz Holzbauer (1711-1783), Wolfgang Amadeus Mozart, Peter von Winter (1754-1825) und Antonio Salieri (1750-1825). Holzbauers Oper „Günther von Schwarzburg“ etwa habe Mozart so „vollauf begeistert“, dass man ihre Echos „bis in die Zauberflöte“ hören könne. Mozart selbst ist mit „Idomeneo“ vertreten, 1781 in München uraufgeführt. Und von Salieri erklingt „Semiramis“, das lediglich 1782 auf der neuen Hofschaubühne zur Faschingszeit aufgeführt wurde. „Das hat seit 1782 kein Mensch mehr gehört“, freut sich Herrmann auf die spannende Aufgabe, dieses Werk „wieder zum Leben zu erwecken“.
Info: Eintrittskarten für die Konzerte der Walldorfer Musiktage gibt es ab dem 1. August für 15 Euro (ermäßigt 12 Euro) in der Buchhandlung Dörner und an der Rathaus-Pforte.