05.05.2023, Startseite
Mit Cool Breeze in die Wohlfühloase
Cool Breeze liefern im Rathaus ein klasse Konzert ab: (v.li.) Wolfgang Sing, Stefan Buchholz und Stefan Zirkel.
Foto: Helmut Pfeifer
Das Trio sorgt bei „Swingin‘ WiWa“ im Rathaus für glückliche Gesichter
Cool Breeze haben ein Händchen dafür, Atmosphäre zu schaffen. Das Trio benötigt bei seinem schon traditionellen Auftritt im Rahmen des Musikfestivals „Swingin‘ WiWa“ keinerlei Anlaufzeit, um das Walldorfer Rathausfoyer, in dem es sonst eher zweckmäßig und nüchtern zugeht, in eine Wohlfühloase zu verwandeln. Natürlich startet das Konzert mit einem Stück von Simon & Garfunkel: „The only living Boy in New York“ ist ein herrlich entspannter Auftakt. Mit „Tequila Sunrise“ von den Eagles geht es auf einer vergleichbaren Wellenlänge weiter, die 120 Zuhörer – selbstverständlich ist der Abend ausverkauft – klatschen begeistert Applaus. Im Sitzen lauscht das Publikum der Band, viele haben ein glückliches Lächeln im Gesicht, einige halten den Augenblick mit dem Smartphone für die Ewigkeit fest. Sie alle sind von der Band in Bann gezogen. Typisch Cool Breeze.
Wobei: Sind das überhaupt Cool Breeze? Ja und nein. Der „Mann in Weiß“, Wolfgang „Wolli“ Sing an Gitarre und Gesang, ist heute zum ersten Mal überhaupt dabei. Er vertritt Fabian Michel, der kurzfristig erkrankt ausgefallen ist. „Wolfang weiß seit gestern, dass er heute mit uns spielt“, erklärt Stefan Buchholz (Cajón, Gesang). Stefan Zirkel (Gitarre, Gesang) bestätigt: „Was machst du morgen?“, habe er am Telefon gesagt. Und „Ich treff mich mit ‘nem Mädel“ als Antwort erhalten. „Zum Proben“, wirft Sing ein. Beide haben die Lacher auf ihrer Seite. „Sie hat das schon verstanden“, muss Sing wohl kein schlechtes Gewissen haben, dass er Cool Breeze den Vorzug gegeben hat. Und er fügt sich, nach nur einer gemeinsamen Probe, prima ein, übernimmt beispielsweise bei „Peaceful Easy Feeling“, im Original ebenfalls von den Eagles, wie selbstverständlich den Leadgesang. Kein Zweifel: Im Rathausfoyer stehen Profis auf der Bühne. Sie sind ja auch nicht zum ersten Mal hier: „Swingin‘ WiWa“-Organisator Eddie Berlinghof vom Kulturförderverein Kurpfalz nennt das Rathaus für die Band in seiner Begrüßung dann auch „ihr Wohnzimmer“.
Der Grundtenor des Konzerts, auch das typisch Cool Breeze, ist ruhigerer Natur, lässig, locker und unbeschwert. Titel wie „How deep is your love?“ (Bee Gees) stehen dafür sinnbildlich. Und dann wird man doch überrascht: Die Australier Men at Work haben nicht nur schmissige Reggae-Nummern wie „Down Under“ und „Who can it be now?“ gemacht, sondern auch die melancholische Ballade „Overkill“ – ein Stück, das man sehr selten hört, das trotzdem überzeugt. Altbekanntes darf dennoch nicht fehlen: Stings „Englishman in New York“ lässt im hinteren Bereich die ersten Zuhörerinnen tanzen, die kurze Solo-Einlage von Buchholz auf seinem „Vogelkästchen“ (O-Ton Zirkel) lädt zum spontanen Mitklatschen ein. Überdurchschnittlich Fahrt nimmt die Band auch bei „Boat on the River“ (Styx) oder „Faith“ (George Michael) auf. Ganz in ihrem Element ist sie dann wieder bei „Hotel California“, der dritten Eagles-Nummer des Abends, die am Ende des ersten Sets fast schon euphorischen Jubel erntet.
Nach nicht ganz einer halben Stunde Pause geht es mit einem der Gassenhauer weiter, die ebenso unverrückbar zu Cool Breeze gehören wie der mehrstimmige Gesang als ihr Markenzeichen: Das allseits beliebte „Mrs. Robinson“ von Simon & Garfunkel lässt die gute Stimmung mühelos wieder aufleben, auf den Stühlen ist Bewegung, es wird gewippt und geschnippt, gesungen und geklatscht. „Danke, dass ihr geblieben seid“, scherzt Stefan Zirkel. Dass er die Rathaustür hat abschließen lassen, ist definitiv nur ein Gerücht – aber das Publikum hat seinen Spaß, wie die kleinen, nie böse gemeinten Frotzeleien auf der Bühne ohnehin zur guten Stimmung beitragen. Das gilt auch für die bejubelte „Bonanza“-Spontaneinlage.
Cool Breeze haben ihre Fans im Griff und die bekommen, was sie wollen. Es gibt mehr von den Eagles zu hören („New Kid in Town“), ein begeistert aufgenommenes „Losing my Religion“ (R.E.M.) und ein mitreißend akustisch arrangiertes „Breakfast at Tiffany’s“ (Deep Blue Something), dessen Finale von den Zuhörern geschlossen mitgeklatscht wird. Stefan Zirkel rettet die rhythmische Unterstützung geschickt in den gleichfalls bejubelten nächsten Song, George Ezras „Blame it on me“, das wohl aktuellste Stück des Abends. „Der nächste Song ist für die Walldorfer Sitztanzgruppe“, nimmt Zirkel das Publikum auf die Schippe, das sich aber keineswegs ärgern lässt und bei Robert Palmers „Bad Case of Loving You“ zwar weiter sitzen bleibt, aber trotzdem energisch mitgeht. Daran ändert sich auch bei „Sweet Home Alabama“ (Lynyrd Skynyrd) nichts – warum auch? Lustige Idee, das davon mindestens „inspirierte“ (oder abgekupferte) „All Summer Long“ (Kid Rock) in Kurzfassung direkt anzuschließen. Da kann man auch „Highway to Hell“ als „ein Stück von Helene Fischer“ ankündigen, eine astreine Bon-Scott-Stimmimitation von Stefan Buchholz inklusive.
Klar wird’s gegen Ende wieder besinnlicher. Mit „The Boxer“ darf ein weiteres Stück von Simon & Garfunkel nicht fehlen, das „Lie-la-lie“ wird vielstimmig mitgesungen. Groß ist die Enttäuschung als die letzte Nummer angekündigt wird, dafür gibt es nach dem Dank der Band an den Kulturförderverein und die Stadt Walldorf bei den ersten Tönen von Robbie Williams‘ „Angels“ ein paar begeisterte „Ahs“. Es versteht sich von selbst, dass aus vielen Kehlen mitgesungen wird. Die lautstark geforderte Zugabe gibt es gleich doppelt: mit einer erst sehr gefühlvollen, dann immer dynamischeren Version von „Chasing Cars“ (Snow Patrol), gefolgt von Ed Sheerans Ballade „Perfect“. Ein würdiges Finale. Und falls noch jemand daran gezweifelt hat: Cool Breeze dürfen wiederkommen.