16.10.2024, Kultur & Freizeit
Mit Carl Theodor in der Oper
Das Ensemble Operone spielte zum Abschluss der Musiktage in der Astoria-Halle.
Foto: Helmut Pfeifer
Grandioses Abschlusskonzert der Walldorfer Musiktage
Einen krönenden Abschluss fanden die 15. Walldorfer Musiktage mit ihrer fünften und damit letzten Veranstaltung in der gut besuchten Astoria-Halle, die sich stimmungsvoll in ein Opernhaus verwandelt hatte. Das Musikfestival unter der Leitung von Dr. Timo Jouko Herrmann stand in diesem Jahr unter dem Motto „Arkadien in der Kurpfalz“. Zum 300. Geburtstag des Mannheimer Kurfürsten Carl Theodor wurde sein „Musenhof“ in den Mittelpunkt gerückt.
Zwischen 1743 und 1778 hatte er sich zum wahren Arkadien der Kurpfalz entwickelt. Besonders die Tonkunst lag dem Souverän am Herzen und so entwickelte sich die Mannheimer Hofkapelle zu einem der besten Orchester überhaupt, da Carl Theodor hier die hervorragendsten Musiker und innovativsten Komponisten Europas versammelte. Nach vier interessanten Veranstaltungen und wunderbaren Konzerten mit fantastischen Künstlern, bei denen das Publikum viele musikalische Preziosen und Raritäten entdecken durfte, ging es nun mit Carl Theodor in die Oper. Es erklangen Auszüge aus Werken, die alle im Auftrag des Kurfürsten entstanden waren. Das groß besetzte Ensemble Operone unter der Leitung von Festival-Chef Herrmann und ein opernerfahrenes Sängerensemble mit Ulrike Kristina Härter (Sopran), Mariia Sytailo (Sopran), David Krahl (Tenor) und Phillip Schädel (Bass) verbreiteten Opern-Feeling. Dazu trugen auch die im Hintergrund des Orchesters projizierten Bilder von Opernhäusern des 18. Jahrhundert oder Bilder der Komponisten bei. Auch die Texte der italienischen Arien wurden dankeswerterweise in deutscher Übersetzung angezeigt. Herrmann hatte sich wieder einmal als erfolgreicher musikalischer Schatzgräber erwiesen und konnte dem interessierten Publikum so manches noch nie gehörte und teilweise seit Carl Theodors Zeit nicht mehr gespielte Werk offerieren. Zu Unrecht vergessene Komponisten wie Gian Francesco de Majo, Christian Cannabich, Ignaz Holzbauer, Peter von Winter und Antonio Salieri kamen hier zu ihrem Recht. Herrmann hatte Auszüge aus ihren Werken aus Handschriften neu ediert. Einzig Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Idomeno“, die er im Auftrag Carl Theodors schrieb – quasi als Trostpflaster, weil er sich vergeblich um eine Stelle am Hof beworben hatte - war allgemein bekannt. Das Ensemble Operone mit seinen hervorragenden Bläsersolisten – Meltem Özari (Flöte), Mercé Calderer Soriano (Oboe), Laura Kettenring (Klarinette), Michael Kaulartz (Fagott), Milan Berkholz (Horn) – spielte unter Herrmanns engagierten Dirigat mit frischer Musizierfreude und fein differenzierter Dynamik, transparent und agil. Bassist Schädel glänzte mit seiner warmen sonoren Stimme in der Arie „Vil trofeo“ aus de Majos Oper „Alessandro nell‘Indie“. Wunderbar gestaltete er die, in Bassarien seltenen, kantablen Elemente und vielen Koloraturen. Auch in Salieris „Semiriade“ gefiel er als Bösewicht Ircano mit seiner großen Stimmgewalt und meisterte die tiefen Lagen meisterlich. Sytallo beeindruckte mit ihrem klaren, strahlenden und lieblichen Sopran als Erissena und wetteiferte mit den beiden Soloinstrumenten Oboe und Fagott.
Der Einsatz von solistisch spielenden Instrumenten war eine der Lieblingsideen der Mannheimer Hofoper, da das Orchester so die Möglichkeit bekam zu glänzen, erklärte Hermann. In gewohnter Weise führte er wieder eloquent durch das Programm und ließ das Publikum auf unterhaltsame Weise an seinem großen musikwissenschaftlichen Wissen teilhaben. In Peter von Winters Oper „Pigmalione“ bekam Sopranistin Härter mit ihrer schlank geführten lyrischen Sopranstimme die Möglichkeit, als Venus zu glänzen. In einer brillanten Koloraturarie begeisterte sie zusammen mit Solo-Klarinettistin Laura Kettenring im Duett das Publikum. Virtuos meisterten beide Künstlerinnen ihren anspruchsvollen Part und harmonierten bestens miteinander. Bezaubernd gelang das Duett von Tenor Krahl und Sopranistin Sytailo aus derselben Oper. Zahlreiche Koloraturen galt es auch hier zu bewältigen. Krahl hatte in der großen Bravour-Arie „Fuor del mar“ aus Mozarts „Idomeneo“ seinen großen Auftritt. Der Kampf des Königs von Kreta mit den Naturelementen auf See wurde anschaulich in Töne umgesetzt. Neben tenoraler Strahlkraft ließ er es nie an der nötigen Sanftheit fehlen und konnte die endlosen Koloraturen nur so perlen lassen. Zu Herzen gehend, gestaltete Sytailo mit ihrer klangschönen, reinen Stimme die Arie „Se il padre perdei“ des Illia, Sohns des Königs von Kreta, der dem Meeresgott Neptun geopfert werden sollte. Begleitet wurde sie von einem virtuos spielenden Horn.
Anrührend erklang die Offenbarungs-Arie der Semiramis aus Salieris Oper „Semiramide“. Härter verlieh der um ihren Thron betrogenen babylonischen Königin, die als Mann verkleidet weiter die Regierungsgeschäfte tätigte, anrührend ihre Stimme und meisterte die lange Solo-Kadenz eindrücklich. Wunderschön erklang das anschließende Duett der beiden Sopranistinnen. Im Schlusschor aus Salieris Oper standen dann alle vier Solisten gemeinsam auf der Bühne. Feierlich und majestätisch mit Pauken, Trompeten und Hörnern wurde ein grandioser Schlusspunkt gesetzt. Das begeisterte Publikum hielt nichts mehr auf den Sitzen. Mit etlichen Bravo-Rufen und langanhaltendem Applaus bedankte es sich für diesen schönen und inspirierenden Opernabend.
Carmen Diemer-Stachel