29.11.2023, Startseite
Kostenloses Busfahren soll nicht teurer werden
In Walldorf fahren die Busse kostenlos - finanziert durch die Stadt. Da die Fahrgastzahlen schwierig zu erfassen sind, soll das durch einen Pauschalbetrag gelöst werden.
Archiv-Foto: Stadt Walldorf
Stadt will mit dem VRN eine Pauschalierung der Kosten erreichen
Das kostenlose Busfahren in Walldorf erfreut sich weiter steigender Beliebtheit. Die Kehrseite der Medaille sind die daraus resultierenden Kosten. Deshalb hat der Gemeinderat jetzt zusätzliche Mittel in Höhe von 140.000 Euro bewilligt, nachdem fürs laufende Jahr bereits 173.000 Euro im Haushalt eingestellt sind. Außerdem wird, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) über eine Pauschalierung der Abrechnung und deren Höhe ab dem Jahr 2024 gesprochen. Denn die Praxis hat gezeigt, dass sich die Abrechnung der Fahrten über die Registrierung bei den Busfahrern beim Zustieg schwierig gestaltet.
In der Verwaltungsvorlage zur Sitzung heißt es, dass die Ausgabe der „Null-Euro-Tickets“ an die Fahrgäste sich in den Stoßzeiten als zeitaufwändig erwiesen habe, sodass die Busfahrer, um ihre Fahrzeiten einzuhalten, teilweise darauf verzichtet hätten. Das habe in Einzelfällen bei Kontrollen durch externe Prüfer dazu geführt, dass Passagiere ohne Fahrschein mit Nacherhebungen konfrontiert worden seien – was Beschwerden und zeitintensive Kommunikation zur Folge hatte. Auf der anderen Seite sei teilweise aber auch berichtet worden, dass Fahrscheine für Kinder oder Zeitkarteninhaber gebucht wurden, die ihre Karten nicht mehr vorzeigen. Schon in früheren Beratungen des Gemeinderats war deshalb die Frage gestellt worden, ob diese Form der Abrechnung die richtige Methode ist. Hier sehen Verwaltung und Gemeinderat in einer Pauschalisierung die beste Lösung. Denn die Busse mit einem Automatischem Fahrgast-Zählsystem (AFZS) nachzurüsten, würde die Stadt circa 210.000 Euro kosten und das System wäre frühestens im Herbst 2024 einsatzbereit. Das wurde allgemein als unnötige Investition gesehen, denn nach der Neuausschreibung der beiden Linienbündel St. Leon-Rot/Sandhausen (Dezember 2025) und Wiesloch-Walldorf (Dezember 2026) werden die Busse ohnehin damit ausgestattet sein.
Das kostenlose Busfahren werde gut angenommen, das begrüße seine Fraktion grundsätzlich, sagte Christian Winnes (CDU). Aber: „Wir schauen mit Sorge auf die Kostenentwicklung.“ Er habe schon in einer früheren Sitzung „die intransparente Berechnung der Fahrten“ kritisiert. Die jetzt im Raum stehende Summe von 315.000 Euro für ein Jahr „erschreckt uns“, so Winnes. Bis 2026, wenn die Linien neu ausgeschrieben sind, wolle man mit einer Lösung nicht warten.
„Das ist tatsächlich eine kleine Erfolgsgeschichte“, betonte Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) die positiven Aspekte. Kostenlose Mobilität sei für viele Menschen „richtig und wichtig“, zudem sei das „auch eine Klimageschichte“. Die SPD freue sich darüber, dass der Bus in vielen Fällen „das Elterntaxi abgelöst“ habe, das merke man an den Schulen. „Uns war klar, dass das etwas kostet“, sagte sie, dass sich die Kosten inzwischen vervielfacht haben, sei aber „etwas, worüber man nachdenken muss“. Dass „die Zählung nicht wirklich gut gelingt“, bedürfe einer Klärung. Dauerkarteninhaber müssten rausgerechnet werden.
Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) sah ebenfalls „eine kleine Erfolgsgeschichte“ und meinte: „Wir können es uns leisten“, auch der Besuch des Tierparks sei beispielsweise kostenlos. Er verwies einerseits auf die Entwicklung der Zahlen: Man sei ursprünglich von Kosten in Höhe von 53.000 Euro ausgegangen, die sich erst auf 180.000 und jetzt auf 315.000 Euro im Jahr erhöht haben, „eine gewaltige Summe“. Deshalb könne man der Pauschalierung zustimmen und hoffe, „dass wir eine andere Zahl rauskriegen“. Weisbrod sagte aber auch: „Wir haben das auch gemacht, weil wir Verkehr vermeiden wollen.“ Vielleicht, so sein Ansatz, lasse sich „irgendwann mal eruieren“, wie weit das tatsächlich gelungen sei.
Die FDP stehe hinter dem kostenlosen Busfahren, sagte Paula Glogowski, aber „die Zahlen hinterlassen einen bitteren Beigeschmack“. Sie erklärte deutlich: „Wir stellen die hohen Fahrgastzahlen in Frage.“ Bei einer Testfahrt, die sie gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Fredy Kempf durchgeführt habe, seien ihnen keine Tickets ausgegeben worden. Dass diese dann wiederum für Inhaber des Deutschland-Tickets gebucht würden, sei ebenfalls „nicht okay“. Dass eine „Verifizierung fehlt“, sei „eigentlich undenkbar“ und „wäre dringend notwendig“. Aus ihrer Sicht müsse der VRN sicherstellen, dass die Fahrgastzahlen transparent werden. Deshalb stimme man auch der Pauschalierung nur „mit gemischten Gefühlen“ zu.