07.04.2022, Aktuelles
Gemeinderat beschließt Klimaoffensive der Stadt Walldorf
Klimapolitisches Leitbild soll entwickelt werden
In der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 22. März, rückte einmal mehr der Klimaschutz in den Mittelpunkt. Auf der Tagesordnung stand die Beschlussvorlage zur Klimaschutzoffensive der Stadt. Vorgeschlagen wurde dem Gemeinderat ein Grundsatzbeschluss mit folgenden Punkten:
1. Es soll klimapolitisches Leitbild entwickelt werden, in dem Aussagen zur Autonomie sowie Autarkie und der jeweiligen Ziele enthalten sind. Damit einher geht ein Vorschlag für die Kommunikation und die Beteiligung der Bürgerschaft.
2. Zur Photovoltaik ist ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten, in dem alle Aspekte Berücksichtigung finden wie zum Beispiel Pachtmodelle, Selbstbetrieb, Themen der Beratung, der Förderung und der Nutzung von Freiflächenpotenzialen sowie Planungssicherheit. Eine Exkursion in den Rhein-Hunsrück-Kreis wurde vorgeschlagen.
3. Die Frage der Wärmeplanung ist vor dem Hintergrund des Termins 31.12.2023 schnell anzugehen, wobei die Frage des Verbundes und des Konvois zu entscheiden ist. Der Schwerpunkt wird im Bestand gesehen und es muss die Frage der Zukunft des Mediums Gas und anderer Träger beantwortet werden. Einzubeziehen sind die Überlegungen zum Quartierskonzept und der Darstellung von Vorranggebieten. Die Öffentlichkeitsarbeit ist parallel zu berücksichtigen. Beratungsangebote, insbesondere in Richtung Förderprogramme, sind zu intensivieren. Was die Geothermie betrifft ist sie ergebnisoffen und wohlwollend weiterzuverfolgen.
Laut Stadtrat Mathias Pütz (CDU) sei es höchste Zeit für das Anlaufen der Klimaschutzoffensive. In Anbetracht der geopolitischen Veränderungen habe man kurz- und mittelfristig nur die Wahl, die eine Abhängigkeit im Energiesektor durch eine andere zu ersetzen, auch unter Akzeptanz noch umweltschädlicher Rohstoffgewinnung. Es sei trotz allem wichtig, Energieeffizienz voranzutreiben. Der Beschluss des klimapolitischen Leitbildes sei ein wichtiger Rahmen für alle politischen Entscheidungen rund um die Energie- und Wärmewende. Ein öffentliches Engagement sei im Bereich der Photovoltaik unentbehrlich. Die Stadt müsse sich finanziell und organisatorisch bei der Ertüchtigung des Gebäudealtbestands mehr engagieren. Bei der Geothermie sehe man große planerische Unsicherheiten. Gas- und Wärmeplanung müsse inhaltlich getrennt behandelt werden.
Man beantrage daher auch eine getrennte Abstimmung bei den entsprechenden Punkten in der Beschlussvorlage. Eine klare Kommunikation sei unerlässlich.
Laut Stadträtin Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) brauche es klar formulierte und verbindliche klimapolitische Ziele. Der CO2-Ausstoß müsse lokal abgesenkt werden. Ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung der Ziele sei die Kommunikation und Beteiligung mit den Menschen im Ort. Den Hunger der Energie bezeichnete Schröder-Ritzrau als Teil des Wohlstands. Dabei ging sie auch auf das Wohlstandgefälle in Baden-Württemberg ein. Man müsse Mittel finden, die Menschen für Energieeinsparung zu sensibilisieren. Der größte Hebel, um den Energieverbrauch auszugleichen, sei die Produktion grüner Energie. Man müsse von derzeit rund 9 Prozent Photovoltaik auf den Dächern auf 50 Prozent und mehr kommen. PV solle auch im Bestand nachgerüstet werden. Es müsse ein möglichst hoher Autarkiegrad in der Stromerzeugung erreicht werden. Dafür gebe es verschiedene Wege, die richtige Planung und gute Ingenieure erforderten. Es sei richtig, den Schwerpunkt der Wärmeplanung im Bestand zu sehen. Es bedürfe dafür Quartierskonzepte. In der Geothermie sehe man große Potentiale aber auch in der Windkraft in der Region.
Stadtrat Manfred Wolf (Bündnis 90/Die Grünen) sieht eine klimapolitische Zäsur für Walldorf. Man werde nun auf einer völlig anderen Niveauebene gemeinsam über die Leitplanken für ein Ziel debattieren. Sinnbildlich für das Klimapolitische Leitbild sei die Solaroffensive. Man wolle nun eine Solarförderung entwickeln, die es für Gebäudebesitzer aber auch für Mieter lohnenswert mache, in Solarenergie zu investieren. Dafür stehen im Haushalt für 2022 schon 2 Millionen Euro zur Verfügung. Man wünsche sich eine Beteiligung der Stadt bei der Initiative des Vereins Wattbewerb anmelde. Man könne sich gemeinsam dem Wettbewerb stellen, um eine klimafreundliche Stadt zu werden. Finanzielle Anreize sollten auch Skeptiker zum Mitmachen beim Ausbau der erneuerbaren Energien bewegen. Die Wärmeplanung müsse man neu denken und von fossilen Energieträgern wegkommen.
Für Stadtrat Günter Lukey (FDP) gelte es bei der Umsetzung eines klimapolitischen Leitbildes mehr als bisher, das Augenmerk auf die Handlungsfelder erneuerbare Energien, Nahwärme, Mobilität, Planen, Bauen, Sanieren sowie Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkbildung zu legen. Die Bürgerinnen und Bürger gelt es, zu eigenständigem Handeln zu mobilisieren. Es sei wichtig, das Leitbild noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Es müssten größere Anstrengungen als bisher unternommen werden, um die Ziele zu erreichen. Der Ausbau von Photovoltaik müsse exponentiell vorangetrieben werden. Die Stadt müsse mit gutem Beispiel vorangehen und als Investor, Berater rund Vermittler auftreten. Für eine erfolgreiche Wärmewende müsse der Wärmeverbrauch durch energetische Sanierung drastisch reduziert werden. Es brauche lokale Lösungen für die Dekarbonisierung in dem Bereich.
Für Stadtrat Dr. Gerhard Baldes (CDU) kommt das Thema Wasserstoff zu kurz. Bei den PV-Anlagen werde er sich enthalten, da die meisten Module in China hergestellt werden. Auch beim Thema Sicherung der Grundlast fehlten ihm Konzepte. Geothermie lehne er grundsätzlich ab. Das Gasnetz, das man derzeit habe, könne man auch auf Wasserstoff umstellen.
Über die Punkte in der Beschlussvorlage wurde im Gemeinderat getrennt abgestimmt. Die Punkte 1 und 2 sowie Punkt 3 wurden jeweils mit einer Enthaltung mehrheitlich angenommen.