31.05.2023, Kultur & Freizeit
„Eine Vorsorgevollmacht bildet Ihr ganzes Leben ab“
Gut besuchte Informationsveranstaltung im Rathaus
Unter dem Titel „Was Sie über Vorsorgevollmacht & Co. wissen sollten“ hatte die Betreuungsbehörde im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis gemeinsam mit dem Betreuungsverein ARV Rhein-Neckar zu einer Informationsveranstaltung in das Rathaus eingeladen. Rund 60 Besucherinnen und Besucher waren zu der Veranstaltung gekommen. Die Begrüßung im Ratssaal übernahm Andrea Münch von der städtischen IAV-Stelle, die sich und ihre Arbeit kurz vorstellte. Von der Betreuungsbehörde sprach Tillmann Schönig über das Thema Vorsorgevollmacht. „Ein sehr trockenes Thema“, wie Schönig gleich zu Beginn selbst zugab und seinen Vortrag mit seinem durchaus trockenen Humor würzte.
Zunächst ging der Experte auf die gesetzliche Betreuung ein. Die wird erforderlich, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für sich selbst wichtige Entscheidungen treffen kann. Die gesetzliche Betreuung ist dann nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch eine vorher erteilte Vollmacht geregelt sind.
Betroffen sein können Menschen jedes Alters, wie Schönig schilderte. Wer keine Vorsorgevollmacht habe und in eine hilflose Situation gerate, dem werde zum Beispiel auf Antrag eines Krankenhauses oder Pflegeheims eine rechtliche Betreuung zur Seite gestellt. Dafür ist eines der fünf Amtsgerichte im Rhein-Neckar-Kreis zuständig, abhängig vom Wohnort. Und was passiert dann? „Das Amtsgericht gibt einen Auftrag an die Betreuungsbehörde und wir erstellen dann eine Sozialprognose“, erklärte Tillmann Schönig. „Man hat mit einem Betreuer einen Helfer an der Seite, der bei wichtigen Entscheidungen unterstützen soll“, brachte es Schönig auf den Punkt und stellte klar: „Ich bin nicht entmündigt.“ Der Betreuer dürfe nur diejenigen Aufgaben übernehmen, die der Betroffene nicht mehr selbst regeln kann. Das kann beispielsweise die Aufgabenbereiche „Gesundheitssorge“, „Wohnungsangelegenheiten“ und „Vermögenssorge“ betreffen.
Ein rechtlicher Betreuer müsse nicht zwingend jemand Fremdes sein: „Der erste Weg der Betreuungsbehörde erfolgt immer über die Familie.“ Das Amt des rechtlichen Betreuers kann sowohl von ehrenamtlich Engagierten übernommen als auch von Berufsbetreuern geführt werden. „Ein Betreuer muss von Beginn an Ausgaben nachweisen. Man muss jeden Cent belegen“, machte Schönig ebenfalls deutlich.
Wer eine Vorsorgevollmacht ausfertigt, sollte sich bewusstmachen: „Es ist viel Macht, die Sie aus den Händen geben“, so Schönig. Denn: „Eine Vorsorgevollmacht bildet Ihr ganzes Leben ab.“
Soll heißen: Man sollte sich gut überlegen, wen man als Bevollmächtigten einträgt. „Es sollte ein gegenseitiges und schon über einen längeren Zeitraum bestehendes Vertrauensverhältnis vorliegen“, lautet einer der Punkte, die es bei der Personenauswahl zu bedenken gelte. Ab der Unterschrift gelte eine Vorsorgevollmacht. Diese sollte daher im Besitz des Ausstellers verbleiben, bis sie benötigt werde. Vorsorgeformulare kann man über die Homepage des Rhein-Neckar-Kreises oder der Stadt Walldorf sowie über die IAV-Stelle erhalten.
Sandra Glaser vom Betreuungsverein ARV Rhein-Neckar informierte im zweiten Teil des Abends über die Patientenverfügung. Diese kann ab 18 Jahren erstellt werden, was die Expertin durchaus empfahl. Unfälle oder Krankheit könnten schließlich jedes Alter betreffen. Wichtig sei vor allem, in der Patientenverfügung keine pauschalen Formulierungen zu verwenden. „Formulieren Sie Ihre medizinischen Wünsche und Vorstellungen so genau wie möglich“, appellierte Glaser. Auch ein klärendes Gespräch mit dem Hausarzt mache davor durchaus Sinn. Sowohl die Patientenverfügung als auch die Vorsorgevollmachten können in das zentrale Vorsorgeregister eingetragen werden, sodass behandelnde Ärzte im Ernstfall schnell darauf zugreifen könnten.
Am Mittwoch, 28. Juni, findet von 14 bis 17 Uhr im Rathaus eine Beglaubigungssprechstunde der Betreuungsbehörde statt, die Vorsorgevollmachten beglaubigt. Beglaubigt muss die Vollmacht sein, wenn es dem Vollmachtnehmer möglich sein soll, zum Beispiel höhere Vermögenswerte, Grundstücke oder Häuser zu bewegen. Die Termine werden im Viertelstundentakt vergeben. Es sind noch wenige Plätze frei. Die Kosten betragen zehn Euro. Angesprochen sind in erster Linie Walldorfer Bürgerinnen und Bürger, die Schwierigkeiten haben, einen Termin außerhalb von Walldorf wahrzunehmen.
Wer Interesse hat, meldet sich bei Andrea Münch persönlich im Rathaus (Zimmer E15), telefonisch unter 351168 oder per E-Mail unter andrea.muench@walldorf.de.