03.04.2023, Startseite
Eine Sternstunde im Kirchenraum
Margit Übellacker am Hackbrett und Jürgen Banholzer an der Orgel verzauberten ihre Zuhörer in der katholischen Kirche mit dem Programm „Hebenstreits Bach“.
Foto: Helmut Pfeifer
„La Gioia Armonica“ gastierte mit Werken von Bach bei den Konzerten der Stadt Walldorf
Im zweiten Konzert der kommunalen Veranstaltungsreihe war das international gefeierte Duo „La Gioia Armonica“ mit Margit Übellacker (Hackbrett) und Jürgen Banholzer (Orgel) in der katholischen Kirche St. Peter zu Gast. Im aktuellen Programm „Hebenstreits Bach“ nähert sich das Duo dem legendären Pantaleon an, einem Hackbrett mit großem Tonumfang und voller chromatischer Skala, das von Johann Sebastian Bachs Zeitgenossen Pantaleon Hebenstreit entwickelt wurde. Mit dieser Erfindung erlangte Hebenstreit großen Ruhm und wurde einer der bestbezahlten Musiker am Dresdner Hof. Bach könnte ihn auf seinem Instrument durchaus selbst erlebt haben, pflegte er doch enge Kontakte zu Musikern der Dresdner Hofkapelle. Es gibt zwar keinen Beleg dafür, dass sich die beiden je begegnet sind, aber die bloße Möglichkeit hat die Fantasie von Margit Übellacker und Jürgen Banholzer anregt: Was hätte Bach wohl seinem berühmten Kollegen aufs Notenpult gelegt?
Den Anfang des spannenden Programms markierte eine Adaption von Bachs Violinsonate e-Moll BWV 1023. Über einem düsteren Orgelpunkt erhoben sich die filigranen Tongirlanden des Hackbretts. Die fast schon mystische Klangaura dieser Toccata zog das Publikum unmittelbar in ihren Bann. Im folgenden Adagio zeigte Margit Übellacker die kantablen Fähigkeiten ihres Instruments auf, so wie sie in den beiden folgenden Tanzsätzen der Allemande und Gigue dessen außerordentliche Beweglichkeit bewies. Die gute Klangbalance zwischen beiden Instrumenten war schlicht frappierend; der besondere Klang des Hackbretts hob sich stets klar von der Orgel ab, so dass die Vielschichtigkeit in Bachs Kompositionen immer durchhörbar blieb.
Die folgende Sarabande aus Bachs Violoncello-Suite in C-Dur spielte Margit Übellacker solistisch und brachte dabei die verschiedensten Farbnuancen ihres Instruments zum Leuchten. Es war geradezu erstaunlich, wie der Nachhall der angeschlagenen Saiten zum Verständnis der harmonischen Architektur des Satzes beitrug.
Gemeinsam spielte das Duo dann Bachs G-Dur-Violinsonate BWV 1021. Das einleitende Adagio des Werks wurde von Margit Übellacker und Jürgen Banholzer mit einer beispiellosen Zartheit und Innigkeit dargeboten. Der tänzerische Gestus des folgenden Vivace-Satzes stellte sich auf dem Hackbrett ebenso überzeugend dar wie die üppige, jedoch immer kantabel ausgearbeitete Ornamentik des Largos. Die abschließende kleine Fuge nahm besonders durch den plastisch herausgearbeiteten Stimmverlauf für sich ein.
Jürgen Banholzer präsentierte sich im Anschluss solistisch mir den vier Duetten BWV 802 bis 805 aus dem dritten Teil der „Clavierübung“. Die Sätze hatte er auf der Göckel-Orgel äußerst abwechslungsreich registriert, so dass sich reizvolle Kontrastwirkungen ergaben. Der schmerzerfüllten Chromatik des komplexen ersten Duetts stand die kraftvoll-positive Gestik des zweiten mit seinen klar dahinperlenden Dreiklangfiguren gegenüber. Das dritte Duett gestaltete Banholzer mit durchweg hellen Registern als galantes Flötenkonzert, bevor das abschließende strenge a-Moll-Duett klanglich die Brücke zum Beginn schlug.
Am Ende des Programms stand Bachs berühmte „große“ G-Dur-Violinsonate BWV 1019. Die spiegelsymmetrische Anlage des fünfsätzigen Werks wurde von dem Duo mit größter klanglicher Perfektion vermittelt. Brillanz und Virtuosität der schnellen Rahmensätze fanden ihren Gegenpart in den intim musizierten langsamen Sätzen zwei und vier, während das von Bach in der Mitte der Sonate platzierte, motorisch bewegte Orgelsolo als klanglicher Solitär herausstach. Die dynamische Bandbreite war schlichtweg atemberaubend, selbst die leisesten Abstufungen im Piano blieben im großen Kirchenraum klanglich greifbar. Eine Sternstunde!
Das Publikum in der katholischen Kirche war von der Darbietung hellauf begeistert und spendete langen und herzlichen Beifall. Das Duo bedankte sich hierfür mit einer Zugabe, dem mit viel Sensibilität und perfekt aufeinander abgestimmter Phrasierung ersten Satz aus Bachs A-Dur-Violinsonate BWV 1015.