16.01.2023, Startseite
„Ein schwieriges, aber auch gutes Jahr“
Bürgermeister Matthias Renschler erinnerte beim Neujahrsempfang der Stadt an wichtige Ereignisse im Jahr 2022.
Foto: Helmut Pfeifer
Neujahrsempfang der Stadt Walldorf mit Rück- und Ausblick des Bürgermeisters
Für Bürgermeister Matthias Renschler war 2022 „ein schwieriges, anspruchsvolles, herausforderndes, aber auch gutes und schönes Jahr“. Auf die wichtigsten Ereignisse aus Sicht der Stadt Walldorf ging der Bürgermeister am Sonntagmorgen beim gut besuchten Neujahrsempfang in der Astoria-Halle ein und schaute auf wichtige Aufgaben des gerade begonnenen Jahres voraus. „Natürlich gibt es darüber hinaus noch einiges mehr zu tun, um unser Walldorf weiter voranzubringen“, sagte Renschler. „Mein Dank gilt den Fachbereichsleitern im Rathaus und allen Kolleginnen und Kollegen für die hervorragende Arbeit, ebenso dem Gemeinderat für die gute fraktionsübergreifende Arbeit. Gemeinsam haben wir 2022 viel geschafft.“
Das „schwierige Jahr 2022“ habe mit Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, der dadurch ausgelösten Energiekrise und Inflation viele Herausforderungen für Bürger und Stadt bereitgehalten. Und auch lokal gab es schlimme Ereignisse: so den verheerenden Brand, der den Firmensitz der Bäckerei Rutz im Industriegebiet zerstörte, und das Starkregenereignis am 26. August, bei dem viele Keller vollliefen und für viele Bürger großer finanzieller Schaden entstanden ist. „Ein riesiges Dankeschön den vielen ehrenamtlichen Helfern der Feuerwehren, des Roten Kreuzes und des Technischen Hilfswerks, ob aus Walldorf oder den Nachbargemeinden“, sagte Matthias Renschler mit Blick auf die jeweils rund 300 Einsatzkräfte, die in beiden Fällen uneigennützig zur Stelle waren.
Der Bürgermeister nannte einige schöne Beispiele für die Rückkehr zur schmerzlich vermissten „Normalität“: Dazu zählten die Wiedereröffnung des als Freizeiteinrichtung äußerst beliebten Tierparks, vor allem aber auch Feste und Veranstaltungen wie Spargelmarkt und Kerwe, Einkaufsnacht, Martinszug und Weihnachtsmarkt. „Wir freuen uns schon alle darauf, diese und viele andere Feste auch im neuen Jahr wieder gemeinsam mit vielen Menschen feiern zu dürfen“, sagte Renschler. Er freute sich darüber, dass Kunst und Kultur wieder eine größere Rolle spielen durften, erinnerte an die gelungenen „Konzerte der Stadt“ und die Walldorfer Musiktage, weitere Konzerte und Kunstausstellungen. Ebenfalls schöne Momente: die Nacht der Ausbildung mit Rekordbeteiligung seitens der Unternehmen, die Sportlerehrung oder die Auszeichnung oftmaliger Blutspender. Auf große Resonanz vor allem bei jungen Walldorferinnen und Walldorfern stößt der neue Skatepark, der im Oktober eingeweiht werden konnte. Eine Erfolgsgeschichte ist laut dem Bürgermeister auch die große Photovoltaik-Offensive der Stadt, die vom Gemeinderat im Mai für private Haushalte beschlossen und in diesem Jahr auf die Dächer von Firmengebäuden ausgedehnt wird. „Auch deshalb haben wir den Fördertopf im neuen Haushalt auf drei Millionen Euro aufgestockt. Das Programm löst zwar die aktuelle Energiekrise nicht, ist aber für die Zukunft ein wichtiger Baustein“, sagte Renschler.
Gleich mehrfach ging es 2022 um das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes: So wurde im Januar an der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel mit einem eingelassenen Stolperstein angebracht, auf der die Chronik des Gebäudes sowie die Namen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu lesen sind, die am 22. Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs in Frankreich deportiert wurden. Im Sommer fanden die von Heimatfreunden initiierten Kurt-Klein-Tage statt, bei denen die drei Kinder des einst aus Walldorf in die USA geflohenen jüdischen Mitbürgers in der Astorstadt zu Gast waren. „Uns alle hat dieser Besuch sehr beeindruckt“, sagte der Bürgermeister. Und in Erinnerung an die schrecklichen Geschehnisse der sogenannten Reichspogromnacht war im November die Auschwitz-Überlebende Eva Umlauf am Gymnasium zu Gast, am Abend fand ein bewegender Rundgang zu den Stolpersteinen statt. „Was damals geschehen ist, darf niemals vergessen werden und sich auf keinen Fall wiederholen“, sagte Matthias Renschler.
Klare Worte fand der Bürgermeister zum Thema Haubenlerche und zu der Allgemeinverfügung des Rhein-Neckar-Kreises. „Der Artenschutz ist wichtig, keine Frage, sollte aber nicht gegen den Tierschutz ausgespielt werden“, sagte er. Der Stadt seien zwar die Hände gebunden, die Verantwortung liege beim Land, „dennoch bemühen wir uns weiter um Lösungen und haben schon viele, viele Gespräche zu diesem Thema geführt“ und werde diese auch weiter führen. Da die Verfügung des Kreises Mitte März oder spätestens Anfang April erneut greifen wird, appellierte Renschler an alle Katzenhalterinnen und Katzenhalter, „das Tracking-Angebot wahrzunehmen und nach Möglichkeit ihre Gärten so zu gestalten, dass die Katze zumindest in den Garten darf und nicht im Haus bleiben muss“.
Weitaus erfreulicher: Das Modellprojekt „Demenz im Quartier“ habe einen „ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, die Krankheit Demenz zu enttabuisieren und die davon betroffenen Menschen wie auch ihre Angehörigen wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft zu bringen“. Nun gelte es, das Thema weiter mit Leben zu füllen. „In der Kurpfalzstraße gilt seit Oktober Vorfahrt für Radfahrer“, sagte der Bürgermeister zur ersten Fahrradstraße in Walldorf, einem von vielen Bestandteilen des großen Radverkehrskonzepts, das der Gemeinderat Ende Mai beschlossen hat.
Matthias Renschler blickte beim Neujahrsempfang auch nach vorne. So müsse die Stadt weiter in öffentlich geförderten Wohnraum investieren. „Im Bereich Heidelberger-/Hebelstraße beginnt für voraussichtlich sieben Millionen Euro die Errichtung von zwei Häusern mit zusammen 18 Wohnungen, im Schlossweg ist eine Unterkunft vor allem für Obdachlose geplant und in der Wieslocher Straße gehen zwei Gebäude in die konkrete Ausführungsplanung“, sagte er. Er freute sich, dass sowohl Astor-Stiftungsrat als auch Gemeinderat dem Raumprogramm für das dringend notwendige neue Pflegezentrum mit 100 Plätzen zugestimmt haben. An den Planungen werde ebenso weiter mit Hochdruck gearbeitet wie an denen für den Neubau des Feuerwehrhauses.
An die Neujahrsrede des Bürgermeisters schloss sich der Gastvortrag von Dr. Bernd Welz, dem Vorsitzenden der „Klimastiftung für Bürger“, an (siehe separater Artikel). Für musikalische Intermezzi sorgte ein Ensemble der Stadtkapelle mit einigen schwungvollen Stücken, die gute Laune verbreiteten. Und am Eingang vom Foyer in die Halle begrüßten Faschingsprinzessin Laura II. und vier Storchenküken der KG Astoria Störche die Besucher. Amüsante Notiz am Rande: „Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs Neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht“, zitierte Bürgermeister Renschler zum Beginn seiner Rede Albert Einstein. Und mit exakt demselben Zitat eröffnete acht Stunden später Peter Schäfer, der Vorsitzende des Fördervereins Hospiz Agape, auf derselben Bühne das Neujahrskonzert des SAP Sinfonieorchesters (darüber werden wir noch gesondert berichten). Zufälle gibt’s …
Gastvortrag von Dr. Bernd Welz zum Klimawandel