09.10.2024, Startseite

Der Ortstarif ersetzt das kostenlose Busfahren

Das kostenlose Busfahren wird im Jahr 2025 durch den Ortstarif ersetzt.
Foto: Stadt Walldorf

Gemeinderat beschließt neues Angebot zum 1. Januar 2025

Im Juni hat der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen, das kostenlose Busfahren zum Ende des Jahres 2024 zu kündigen. Hintergrund der Entscheidung ist die Intransparenz der Abrechnung des Angebotes durch die VRN GmbH und die Linienbetreiber: Aus ursprünglich prognostizierten 50.000 bis 60.000 Euro waren für das Jahr 2023 Kosten in Höhe von 300.000 Euro geworden – und das, obwohl oft keine Fahrscheine an die Fahrgäste ausgegeben wurden, wie es der Vereinbarung entsprechen würde, sodass unklar blieb, wann die Buchung ins Ticketsystem der Busse folgte. Außerdem war oft auch nicht nach Zeitfahrkarten der Fahrgäste gefragt worden.

Nun hat der Gemeinderat fürs kommende Jahr eine Alternative beschlossen: den sogenannten „Ortstarif“, der ab 1. Januar 2025 allen erwachsenen Fahrgästen mit Kosten von je einem Euro pro innerörtlicher Fahrt zur Verfügung steht. Die Einzeltickets sind dann jeweils direkt im Bus und ergänzend über die myVRN-App erhältlich. Mit dem Beschluss stimmt die Stadt dem Angebot der VRN GmbH einer vorläufigen jährlichen Abschlagszahlung in Höhe von rund 86.000 Euro zu. Diese Kosten werden am Ende des Jahres anhand der tatsächlich ausgegebenen Fahrscheine angepasst. Die Abschlagszahlungen für mögliche weitere Jahre würden dann auch angepasst. In der Verwaltungsvorlage wird zudem ausgeführt, dass das kostenlose Busfahren nach der Einführung des Automatischen Fahrgastzählsystems (das mit der Neuausschreibung der Linienbündel ab 2026 obligatorisch wird) wieder gestartet werden könnte – damit wird sich der Gemeinderat dann erneut beschäftigen. Der jetzige Beschluss fiel bei fünf Enthaltungen der SPD-Fraktion, die schon im Juni für eine Beibehaltung des kostenlosen Busfahrens plädiert hatte.
Die CDU habe das kostenlose Busfahren als niederschwelliges Angebot gesehen, um den Umstieg auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu forcieren, sagte Christian Winnes (CDU). Die Abschaffung zum Jahresende beruhe auf der „Intransparenz der Abrechnung“. Dennoch sei es dem Gemeinderat wichtig gewesen, weiter ein Angebot machen zu können, das zwar „nicht ganz adäquat“, aber dennoch „bürgerfreundlich und niederschwellig“ sei. Der Ortstarif ermögliche „eine transparente Abrechnung“ – Winnes bat darum, die Zahlen jeweils „zeitnah zu überprüfen“. Eine „zusätzliche Subvention bestimmter Personengruppen“, wie von anderen Fraktionen angeregt, lehne die CDU aber ab.

Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) nannte das kostenlose Busfahren mit der Möglichkeit, „einfach einzusteigen“, ein „tolles Angebot“. „Niederschwelliger geht klimaschonende Mobilität nicht“, sagte sie und bedauerte nochmals die ohne Zustimmung der SPD beschlossene Abschaffung. Dem neuen Angebot, das für die Stadt mit Kosten von 86.000 statt 300.000 Euro deutlich günstiger werde, könne ihre Fraktion „natürlich nicht zustimmen“: Damit sei die niederschwellige Mobilität „nicht mehr gegeben“, gerade im Schülerverkehr werde die Einzelausgabe von Fahrkarten für „viele Minuten Verspätung“ sorgen. „Die Rückkehr zum alten System“ – bei dem im Rathaus Fahrkarten zum halben Preis erworben werden konnten – „wäre besser gewesen.“
„Die Niederschwelligkeit wird kein anderes Angebot erreichen“, meinte auch Paula Glogowski (FDP), dennoch sei man durch „die fehlende Transparenz“ zum Schritt der Abschaffung des kostenlosen Busfahrens gezwungen worden. Der Ortstarif biete dagegen „eine klarere Struktur und Transparenz“. Wichtig sei: „Wir zahlen nur das, was tatsächlich gefahren wird.“ Da viele Schülerinnen und Schüler bereits das „Jugend-BW-Ticket“ besäßen, sei man offen, über eine Förderung zu beraten. „Wir bedauern, dass wir das kostenlose Busfahren nicht mehr anbieten können“, sagte sie.

„Wir finden das aus Sicht der Mobilitätswende sehr schade“, erklärte Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen). Aber auch seine Fraktion habe „die maximale Transparenz nicht gesehen“. Nun brauche man bis zur Einführung des Automatischen Fahrgastzählsystems eine Übergangslösung. Gemeinden in der Umgebung hätten mit dem Ein-Euro-Ticket schon gute Erfahrungen gesammelt, so Himberger. Er kündigte außerdem einen Antrag seiner Fraktion an: „Wir wollen das Jugend-BW-Ticket fördern.“

Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) sah im neuen Angebot einen „guten Kompromiss für die Förderung des ÖPNV“, mit dem man vor allem Familien mit geringerem Einkommen und sozial Schwache unterstütze, aber auch „einen wichtigen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz“ leiste. „Wir möchten weiterhin nach Möglichkeiten suchen, das Angebot zu optimieren“, sprach sie wie mehrere ihrer Vorredner die Option an, das kostenlose Busfahren ab 2026 wieder einführen zu können.