13.12.2023, Startseite
Den „Schock“ gut bewältigt
Finanziell war 2022 ein Jahr der Herausforderungen für die Stadt. Die Jahresrechnung zeigt, dass man diese gut bewältigt hat.
Foto: Pixabay
Gemeinderat stellt die Jahresrechnung 2022 fest
Als der Gemeinderat sich jetzt mit der Jahresrechnung 2022 beschäftigt hat, wurde noch einmal deutlich, unter welch schwierigen finanziellen Voraussetzungen das Jahr 2022 auch für die Stadt Walldorf gestanden hat. Von einem „Schock“ und „Schweißperlen auf der Stirn“ berichtete Kämmerer Boris Maier, nachdem ihn die Nachricht erreicht hatte, dass der Stadt Rückzahlungen von Gewerbesteuer-Vorauszahlungen in Höhe von 96 Millionen Euro ins Haus stehen. Doch trotz dieser „erklecklichen Summe“ an ebenso unerwarteten wie nicht eingeplanten Ausgaben sei Walldorf „mit dem ordentlichen Ergebnis eigentlich sehr gut gefahren“. Und das obwohl Finanzausgleichs- und Kreisumlage „auf Rekordniveau“ abgeführt werden mussten, nach der Systematik des Finanzausgleichs den guten Einnahmen im Jahr 2020 geschuldet. „Nach dem für uns alle unerwarteten Einschlag können wir froh sein, dass in der Vergangenheit gut gewirtschaftet wurde und Walldorf weiter gut da steht“, sagte Bürgermeister Matthias Renschler.
Auf der Einnahmenseite sah es durchaus gut aus: So stieg die Gewerbesteuer, die nach wie vor die größte Position im Haushalt bleibt, gegenüber dem Planansatz von 160 auf 166 Millionen Euro, die restlichen Steuern blieben „im erwartbaren Bereich“, so der Kämmerer. Die Anteile an Umsatzsteuer und Einkommensteuer fielen mit je elf Millionen ebenfalls ein wenig besser als eingeplant aus. Die Zinseinnahmen fielen mit vier Millionen sogar um 1,2 Millionen höher aus. Aufgelöst wurde eine 2020 gebildete Rückstellung für die Umlagezahlungen in Höhe von 62,7 Millionen Euro, die allerdings nur in der Ergebnisrechnung zu finden ist, da in der Finanzrechnung nur die tatsächlichen Geldflüsse abgebildet werden.
Löwenanteil der Ausgaben sind die Umlagen: Kreis- (60,9 Millionen), Finanzausgleichs- (79,6 Millionen) und Gewerbesteuerumlage (28,7 Millionen) machen zusammen fast 170 Millionen Euro aus, die Walldorf an Kreis, Land und Bund abzuführen hat. Erfreulich aus Sicht des Kämmerers: Die Personalaufwendungen sind zwar auf 20,6 Millionen gestiegen, aber gut 1,5 Millionen niedriger als geplant ausgefallen. Die Abschreibungen, die sich ebenfalls nur in der Ergebnisrechnung finden, werden mit knapp über elf Millionen verbucht.
Auffällig in der Finanzrechnung: Von mehr als 16 Millionen, die für Baumaßnahmen eingeplant waren, wurden nur rund 9,2 Millionen ausgezahlt. „Hier schlägt der Personalmangel durch“, sagte Boris Maier, einige der Ausgaben hätten sich deshalb ins Folgejahr verschoben. 88 Millionen Euro an Kassenkrediten, die bis Ende März 2024 wieder abgebaut werden, wurden für die Gewerbesteuer-Rückzahlungen verwendet, finanzwirtschaftlich günstiger für die Stadt als ein Griff in die liquiden Mittel. Die betrugen zum Jahresende 2022 mehr als 573 Millionen Euro, ohne Rücklagen und Rückstellungen verbleiben bereinigte liquide Eigenmittel ohne gebundene Mittel in Höhe von knapp unter 390 Millionen. „Die Mittel stehen aber keinesfalls komplett zur freien Verfügung, sondern sind zum großen Teil gebunden für die Aufrechterhaltung der Walldorfer Infrastruktur“, heißt es in der Vorlage zur Sitzung. Die Bilanz des Jahres 2022 schließt zum Stichtag mit einer Summe von fast 1,1 Milliarden Euro, eine „beachtliche Steigerung“, so Maier, seit der Eröffnungsbilanz im Jahr 2014, in der 632 Millionen standen. Durchschnittlich wächst das Vermögen der Stadt damit pro Jahr um mehr als 50 Millionen Euro.
„Nicht ganz so gut wie geplant, aber unter den Umständen sehr gut“, fällt laut dem Kämmerer die Jahresrechnung des Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft aus. Der Fehlbetrag von rund 90.000 Euro liegt knapp 40.000 Euro über dem Plan. Hauptgründe dafür sind laut David Högerich, dem Leiter des Eigenbetriebs, die Energiekosten, die vor allem im vierten Quartal deutlich höher ausgefallen seien, und das Hochwasser im August 2022, nach dem einige Liegenschaften ertüchtigt werden mussten. Die höheren Energiekosten fließen allerdings im Folgejahr wieder in Form der Betriebskostenabrechnung von den Mietern an den Eigenbetrieb zurück und sorgen dort für entsprechende Mehrerträge.
Mathias Pütz (CDU) sah durch die Jahresrechnung die „konservative Anlagepolitik“ und „seriöse Haushaltsführung“ der vergangenen Jahre bestätigt. Die „positive wirtschaftliche Verfassung“ am Standort Walldorf sei „vor allem unseren krisenresistenten heimischen Unternehmen zu verdanken“. So habe man die „gewaltigen Herausforderungen“ durch die „außergewöhnliche Belastung“ der Gewerbesteuer-Rückzahlungen meistern können, sagte Pütz. Und: „Alle Pflicht- und Freiwilligkeitsleistungen blieben unangetastet.“ Das Jahr 2022 habe sicher viele Kommunen „hart getroffen“, meinte Manfred Zuber (SPD) mit Blick auf Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Walldorf habe mit den Rückzahlungen „noch ein weiteres Problem“ von „nahezu 100 Millionen“ gehabt und es dennoch „geschafft“, vor einem „Desaster verschont“ zu bleiben. Das sei der vorausschauenden Finanzpolitik zu verdanken. „Bei weiteren Ereignissen kann auch die Stadt mit ihren vielen Freiwilligkeitsleistungen in Bedrängnis kommen“, mahnte Zuber.
„Die Zahlen sind gewaltig“, sagte Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) über den „außerordentlichen Haushalt“ der Stadt, mit dem es möglich gewesen sei, „96 Millionen einfach so zu verkraften“. Weisbrod sprach die „in Walldorf relativ hohen Personalaufwendungen“ an – dennoch habe man manche Baumaßnahmen nicht verwirklichen können, „weil Personal fehlt“. Für ihn mit Blick auf künftige Projekte wie Pflegeheim oder Feuerwehrhaus der Ansporn, „gutes Personal ins Rathaus“ zu holen. Walldorf scheine „gut durch die Krisen“ gekommen zu sein, urteilte Günter Lukey (FDP). Trotz der Rückzahlungen habe es keine Einschnitte bei den freiwilligen Leistungen gegeben. „Wir werden auch weiter auf eine vernünftige Ausgabenpolitik achten“, kündigte er an. Die hohen Personalkosten der Stadt seien gerade durch die wachsenden Aufgaben in der Kinderbetreuung „gut angelegt“. Gerade in den Bildungsbereich müsse man „weiter investieren“, so Lukey.