14.07.2022, Startseite

Außergewöhnlicher Konzertabend mit „romantischer“ Uraufführung

Bevor die Heidelberger Sinfoniker wegen des Wetters in die Astoria-Halle umziehen mussten, begeisterte auf der Seebühne im AQWA Antoine Cottinet als Solist an der Oboe.
Fotos: Jan A. Pfeifer

Sommerserenade mit den Heidelberger Sinfonikern

Die weitläufigen Terrassen über der Seebühne im AQWA Sauna- und Bäderpark waren am Samstagabend bis auf den letzten Platz besetzt und es herrschte große Vorfreude auf die anstehende Sommerserenade mit den Heidelberger Sinfonikern unter der Leitung des aus Walldorf stammenden Dirigenten Otto Lamadé. Das Konzert war bereits in den Veranstaltungsreigen zur 1250-Jahrfeier Walldorfs im Jahr 2020 miteingeplant gewesen, – damals noch als Waldkonzert im Hochholzer Wald – doch wie so viele Großveranstaltungen musste auch dieses Konzert aufgrund der Pandemie verschoben werden. Nun also war es endlich soweit und das gut gelaunte Publikum durfte sich auf ein erlesenes klassisches Programm freuen. Wegen eines kurzen Regenschauers verzögerte sich der Beginn des Konzerts zwar etwas, doch schien sich die Wetterlage bald gebessert zu haben, und die Heidelberger Sinfoniker und Dirigent Otto Lamadé konnten die stimmungsvoll ausgeleuchtete Seebühne betreten. Der kommunale Musikbeauftragte Dr. Timo Jouko Herrmann begrüßte die Gäste im Namen der Stadt Walldorf und führte als Moderator durch das Programm der Sommerserenade.
Der Abend wurde mit dem ausdrucksstarken Oboenkonzert in d-Moll des 1752 in Mannheim geborenen Mozart-Zeitgenossen Ludwig August Lebrun eingeläutet. Den anspruchsvollen Solopart übernahm dankenswerterweise das Orchestermitglied Antoine Cottinet, nachdem der ursprünglich als Solist vorgesehene Juri Vallentin coronabedingt hatte absagen müssen. Cottinet blieben nur zwei Tage zur Vorbereitung seiner Partie, doch meisterte er die Solopassagen mit größter Souveränität und klanglicher Raffinesse. Sein schöner modulationsfähiger Oboenton wurde allen Facetten dieses eingängigen Konzerts gerecht, und so brandete nach den letzten Akkorden des brillanten Rondo-Finales sofort begeisterter Applaus auf. Leider hatte zum Ende des Oboenkonzerts der Wind erheblich aufgefrischt und erneuter Regen eingesetzt. Nach kurzer Beratung entschied man sich daher, das Konzert in der nahegelegenen Astoria-Halle weiterzuführen. Dank der tatkräftigen Hilfe von Stefan Gottschalk und seinem Team des AQWA Sauna- und Bäderparks war der Umzug schnell geschafft und das Konzert konnte nun geschützt vor weiteren Wettereskapaden fortgesetzt werden.
Uraufführung
Als nächstes stand die Uraufführung des „Romantischen Notturnos“ von Timo Jouko Herrmann an. Er hatte das Werk im Auftrag der Stadt Walldorf bereits anlässlich des Stadtjubiläums 2020 konzipiert, doch musste die Premiere wegen der unabdingbaren Absage fast aller damals geplanten Veranstaltungen verschoben werden. In seinem dreisätzigen Notturno folgt Herrmann dem poetischen Gehalt eines romantischen Waldgedichts des schweizerischen Schriftstellers Conrad Ferdinand Meyer. Er schaffte es, dem Orchester eine Vielzahl faszinierender Klangfarben zu entlocken, um damit das musikalische Pendant der Atmosphäre eines allmählich in Dunkelheit versinkenden Waldes zu schaffen. Da gab es stilisierte Rufe von Nachtvögeln, das Rauschen der Blätter und das Knarren der Baumstämme ebenso zu entdecken wie von Ferne hereinklingende Pseudo-Zitate romantischer Waldlieder. Dirigent Otto Lamadé hatte sich mit Hingabe des neuen Werks angenommen und führte die mit viel Klangsinn aufspielenden Sinfoniker mit sicherer Hand durch die detailreiche Partitur. Das Publikum genoss diesen musikalischen Waldausflug sichtlich und bedachte die Ausführenden und den Komponisten mit großem Beifall.
Beim darauffolgenden Programmpunkt gesellte sich als Solist der junge Cellist David Neuhaus zum Ensemble. In Wiesloch aufgewachsen, sammelte er seine ersten musikalischen Erfahrungen an der hiesigen Musikschule sowie als Vorstudent an der Mannheimer Musikhochschule. Mittlerweile studiert er an der Hochschule für Musik in Freiburg. Gleich in den ersten Tönen von Antonín Dvoráks Rondo in g-Moll op. 94 zeigte sich, was für eine große Begabung hier heranreift. Mit blitzsauberer Intonation und viel Gespür für dynamische und agogische Nuancen gestaltete Neuhaus seinen Solopart, dezent und aufmerksam sekundiert von den Heidelberger Sinfonikern unter der einfühlsamen Leitung von Otto Lamadé. Zu Recht erntete die Interpretation dieses Kabinettstücks gewaltigen Applaus.
Zum Abschluss der Sommerserenade erklang Wolfgang Amadeus Mozarts „große“ g-Moll-Sinfonie KV 550 in ihrer Urfassung von 1788, womit eine zeitliche Brücke zum Beginn des Abends geschlagen wurde. Hier präsentierte sich das meisterhaft aufspielende Orchester noch einmal auf seinem angestammten Terrain, der Musik der Wiener Klassik. Die kleine Streicherbesetzung ermöglichte eine große Flexibilität in der Gestaltung und eine hervorragende klangliche Transparenz der vielschichtigen Partitur, so dass manch ein Detail dieses so wohlbekannten Stückes bezaubernd neu zur Geltung kam. Insbesondere die fein austarierten solistischen Bläsereinsätze im zweiten Satz ließen aufhorchen. Nach dem dramatisch vorüberrauschenden Finalsatz bedankte sich das Publikum bei allen Ausführenden mit langanhaltendem und begeistertem Applaus für diesen außergewöhnlichen Konzertabend.