11.12.2024, Kultur & Freizeit

Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen

Stadt steigt aus dem European Energy Award aus

Die Stadt beendet die Teilnahme am European Energy Award (eea) zum Jahreswechsel. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen. Seit 2006 nimmt die Stadt am eea teil und wurde seitdem drei Mal zertifiziert, zuletzt 2022. Der European Energy Award ist ein europäisches Zertifizierungs- und Qualitätsmanagementsystem für die Nachhaltigkeit der Energie- und Klimaschutzpolitik von Gemeinden. Es ermöglicht, den Energieeinsatz in Kommunen systematisch zu erfassen, zu bewerten und regelmäßig zu überprüfen und außerdem Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz zu identifizieren und zu nutzen.

Da laut Erstem Beigeordneten Otto Steinmann zwischenzeitlich durch die Bundesgeschäftsstelle des eea ein neues Tool aufgelegt wurde, das einen „deutlich höheren Aufwand in der Erarbeitung, Zusammenführung, Dokumentation und Beantwortung von Fragen“ verursacht, erscheint der Verwaltung „dieser Mehraufwand unter Abwägung von Kosten und Nutzen nicht mehr vertretbar“. Die reine Teilnahme am eea spare weder Energie noch CO2-Emissionen. Daher sollte das Ziel sein, die Ressourcen vielmehr in die Umsetzung von Maßnahmen zu investieren. „Es soll nicht an den umweltpolitischen Zielen und den Vorgaben gerüttelt werden, sondern lediglich an der Teilnahme an dem Projekt“, verdeutlichte Steinmann.

„Die Zeiten haben sich geändert“, begründete Katrin Siebold (CDU) ihre Zustimmung zum Ausstieg aus dem eea. Durch die Einführung des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes sei die Stadt inzwischen verpflichtet, Energieverbräuche zu erfassen und zu melden. Man habe schon in der Vergangenheit bewiesen, „dass wir nicht nur Daten erheben, sondern auch auswerten und vor allem Konsequenzen daraus ziehen oder Fördermaßnahmen beschließen“. Angesichts der Herausforderungen bei den Themen Energie und Umwelt wolle man sicherstellen, „dass unsere Zeit und Mittel dort eingesetzt werden, wo sie den größten Einfluss haben“. Durch eine Fokussierung auf die eigenen Projekte und Initiativen könne man effektiver zur Erreichung der Umweltziele beitragen.

Mit 68 Kriterien und 350 Fragen „ist der eea noch deutlich bürokratischer geworden“, fand es auch Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) richtig, aus dem Projekt auszusteigen. Es gebe zwar durchaus sinnvolle Datenerfassungen, wie zum Beispiel Energieverbräuche von Gebäuden der städtischen Tochter- und Enkelgesellschaften und Beteiligungen, „aber zwei Controlling-Systeme parallel laufen zu lassen, macht null Sinn“. Es gehe „unendlich viel“ Personalkapazität in das Erheben und Migrieren von Daten anstatt in die Vermeidung von CO2 und in Maßnahmen, die den Klimaschutz weiter verbessern. Schröder-Ritzrau verwies auf die elf Klimaschutzleiziele der Stadt, für die man „Klarheit in Bezug auf die jährliche Überprüfung und Berichterstattung“ brauche. Dafür erwarte man vom zuständigen Fachdienst 23 und der Verwaltungsspitze eine Vorlage, „die uns den Prozess des Controllings verdeutlicht, nicht in Textform, sondern in Form eines Prozessdiagramms mit einem Zeitstrahl“.
Auch die FDP befürworte die Beendigung an der Teilnahme des eea, führte Paula Glogowski aus. Die Vorgaben zu Antragsverfahren des eea zeigten einen deutlichen bürokratischen Aufwand und seien „in den letzten Jahren immer aufwändiger geworden“. Es sei zwar ein gutes Instrument, aber um die Aktivitäten der Stadt zum Klimaschutz zu dokumentieren, „stehen Nutzen und Aufwand in keinem Verhältnis mehr“.  Das bedeute jedoch keine Abkehr von den gesetzten Klimazielen. Man könne den Fokus nun von der Erfassung auf die konkrete Planung und Umsetzung verlegen.

„Wir waren nie begeistert von dem European Energy Award“, fasste Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) die Zustimmung seiner Fraktion zum Ausstieg aus dem eea zusammen. Es habe strukturell ganz oft an der Umsetzung gehapert. Den erheblichen Arbeitsaufwand, der mit dem eea verbunden sei, könne man in Walldorf auf anderen Ebenen machen. Man setze in Walldorf schon viele konkrete Maßnahmen im energiepolitischen Bereich wie die Förderprogramme um. „Im Prinzip brauchen wir das Ganze nicht“, so Weisbrod zur Beendigung der eea-Teilnahme.

 „Statt weiterhin auf bürokratische Prozesse zu setzen, sollten die Ressourcen für konkrete und effektive Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden“, sieht auch Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) die Notwendigkeit, die Teilnahme am eea zu beenden. „Die Umsetzung der Klimaneutralitätsziele 2040 hat für uns Priorität“, der Fokus solle auf die praktische Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger gelegt werden.