12.01.2024,
Haushaltsrede der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Renschler,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
unsere Grundthemen sind neben den Menschen vor Ort, dem Sozialen, natürlich nach wie vor der Umweltschutz, der Klimaschutz, der Artenschutz, regenerative Energien und Nachhaltigkeit. Durch die aktuellen politischen Vorkommnisse in Deutschland können Sie sehen, dass alle Themen, die wir im politischen Bereich diskutieren, immer mit Finanzen zu tun haben. Manche Dinge, sinnvolle Dinge kosten Geld, manchmal viel Geld!
Und hier, das soll und muss man in Walldorf immer wieder betonen, haben wir durch unsere hervorragenden Steuerzahler die besten Voraussetzungen, neue, innovative Wege gehen zu können. Wir sind für unsere Bevölkerung, für die Region, ja auch für das Land ein Beispiel und ein Vorreiter, was getan und wie es gemacht werden kann!
Aber, und auch das muss angesprochen werden, nicht alle Entscheidungen, die der Walldorfer Gemeinderat fällt, finden die uneingeschränkte Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger in Walldorf.
Wenn das einmal so ist oder so sein sollte, dann fordern wir die Einwohner von Walldorf auf, reden Sie mit uns, mit uns Grünen, mit unseren Gemeinderät*Innen, mit den anderen Fraktionen, bringen Sie Ihre Kritik ein, direkt, im Gespräch und lassen Sie Ihren Unmut nicht in sozialen Netzwerken, dort oft auch anonym, aus. Denn Meinungsmache im Netz ist aggressiv, ist nicht konstruktiv, ist nicht wertschätzend und zeigt vor allem nicht das Interesse an einer einvernehmlichen, für alle akzeptablen Lösung. „Wer keine Ahnung hat, der hat auch keine Meinung“, könnte man hier ganz oft Joschka Fischer anführen.
Und, wer die sozialen Netzwerke verfolgt, sie werden immer stärker von Kräften genutzt, die nicht an demokratischen Lösungen, die nicht am Dialog interessiert sind. Nein, dort machen sich die breit, die in eine Zeit zurückwollen, von der zumindest wir dachten, dass dieses Gedankengut in unserer Zeit, mit unserer Geschichte, nie mehr Raum einnehmen würde. Lassen Sie sich nicht vor den Karren der Rechten spannen!
Klimaschutz konkret vor Ort
Wir haben letztes Jahr beim Beitrag zum Haushalt 2023 darauf hingewiesen, dass sich 66 Prozent der Deutschen große beziehungsweise sehr große Sorgen machen, dass die Folgen des Klimawandels unsere Lebensgrundlagen zerstören.
Das hat sich Ende 2023 verändert. Inzwischen machen sich mehr als zwei Drittel der Deutschen Sorgen um soziale Gerechtigkeit, Armut und sozialen Abstieg. Der Klimawandel beunruhigt zwar auch eine Mehrheit, doch ist die Sorge darum angesichts anderer Krisen nach hinten gerutscht. Beim Kampf gegen den Klimawandel sieht die Mehrheit den Staat und die Politik in der Verantwortung. Etwas tun, das sollen bitte die anderen. Gleichzeitig ist das Vertrauen in Lösungen nur bei einer Minderheit vorhanden. Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Lebensweise stellen die Kosten für mehr als die Hälfte eine Barriere dar. Das sind Kennzahlen, die Politiker nicht außen vor lassen dürfen!
Während das Thema Klima 85,7 Prozent der Grünen-Anhänger große Sorgen bereitet, sind es bei den Anhängern der AfD nur 35 Prozent. Beim Thema Migration verhält es sich umgekehrt: Für 85 Prozent der AfD-Wähler versus 29,4 Prozent der Grünen-Wähler stellt Zuwanderung Grund zur Sorge dar. Auch das Zahlen, über die nachgedacht werden sollte.
Und gerne wiederholen wir ein Zitat vom letzten Jahr: Und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heut noch ein Apfelbäumchen pflanzen ...
Es passt für alle, die das Klima retten wollen, denn für beides braucht man Kraft! Viel Kraft, um positiv und voller Vertrauen in die Zukunft zu schauen. Und der Apfelbaum ist das Symbol dafür. Gerade die Debatte um regenerative Energien, ganz konkret erlebbar bei der Windenergie, zeigt doch, es geht manchmal weniger um die konkrete Entscheidung, es geht um Grundsätzliches.
Es gab und gibt kein Verständnis für die letzte Generation mit ihren Klebeaktionen. Wie verhält sich das jetzt mit den angekündigten Blockaden der Landwirte? Das ist nichts anderes, wird aber von vielen akzeptiert und für gut befunden. Darüber sollte nachgedacht werden.
Wir tun zu wenig, um den Klimawandel erfolgreich zu bekämpfen, und versuchen, die berechneten und leider sehr wahrscheinlichen Konsequenzen unseres Nicht-Handelns zu ignorieren. Wir legen Ziele fest, wir rufen den Klimanotstand aus, wir bekommen den European Energy Award – trotzdem spüren wir die Klimaveränderungen mittlerweile schon, wir merken, dass weniger Insekten und Vögel um uns herum leben, und was passiert? Wir machen in vielen Bereichen so weiter wie bisher.
Klimawandel ist messbar und im wahrsten Sinne des Wortes leider auch fühlbar. An der langen Trockenheit und Hitze der letzten Sommer, dem Sterben von immer mehr Baumarten, den aktuellen Überschwemmungen und an vielem anderen. Wir kommen nicht daran vorbei, dass zukünftig diese Schwerpunkte in unserem kommunalen Haushalt einen festen Platz finden müssen und sie eine Querschnittsaufgabe werden.
Den Kopf in den Sand stecken, geht nicht mehr. Auch das Argument, wir alleine können die Welt nicht retten, stimmt, aber: Global gesehen machen die CO2-Emissionen in Deutschland nur rund 2,5 Prozent aus – das klingt erst mal vergleichsweise wenig. Nimmt man aber die 27 EU-Staaten zusammen, wäre das bei den Gesamtemissionen weltweit Platz drei hinter China und den USA.
Es geht auch um Klimagerechtigkeit
Schauen wir uns aber den Pro-Kopf-Ausstoß an, sieht es noch ein wenig anders aus. Jeder von uns ist jährlich für rund 9,7 Tonnen CO2 verantwortlich. Das ist circa doppelt so viel wie der aktuelle weltweite Durchschnitt von rund 4,8 Tonnen pro Kopf und Jahr.
Deutschland hat außerdem durchaus eine Verantwortung beim Thema Klimaschutz und der müssen wir uns stellen. Als große Volkswirtschaft hat Deutschland seit der Industrialisierung fast fünf Prozent zur globalen Erderwärmung beigetragen, darauf weist das Bundesumweltministerium hin. Als stärkste Volkswirtschaft in Europa und als eine der stärksten Volkswirtschaften weltweit hat Deutschland demnach eine Verantwortung – auch anderen Ländern gegenüber.
Flucht aus Gebieten, in denen der Klimawandel Leben unmöglich macht, wird zunehmen. Auch dafür müssen wir vor Ort in den Klimaschutz investieren. Die Integration dieser Flüchtlinge ist eine notwendige Arbeit für den Kitt in unserem kommunalen Leben und hatte für uns immer einen hohen Stellenwert. Für Bündnis 90/Die Grünen ist es wichtig, Walldorf multikulturell gestalten zu können. Alle, egal welcher Nationalität, sollen sich in Walldorf heimisch fühlen können. So bedanken wir uns auch bei allen Mitarbeitenden des Begegnungshauses und der Asylbetreuung. Unsere Beratungsstellen bieten unseren Bürger*innen seit vielen Jahren einen Rückhalt, Unterstützung und somit ein wichtiges Fundament des Zusammenlebens in unserer Stadt.
Ökologie: Klimaanpassung – Wald – Tierpark – Mobilität
Anpassung an die Folgen des Klimawandels
„Die Berücksichtigung der Folgen und Risiken des Klimawandels bei der Gestaltung und Planung städtischer und ländlicher Siedlungen und Infrastrukturen ist entscheidend für die Resilienz und für die Verbesserung menschlichen Wohlergehens“, diese Erkenntnis führt der Weltklimarat (IPCC) in seinem sechsten Sachstandsbericht (2022) auf. Für uns in der Kommunalpolitik bedeutet das, dass wir neben dem Schutz des Klimas, der vor allem auf der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in kommunalpolitisch relevanten Bereichen wie Energie, Verkehr oder Bauen beruht, auch einen politischen Schwerpunkt auf die Anpassung an die Folgen der Klimakrise legen müssen. So sind wir mit unserem politischen Handeln doch dem Wohlergehen der Bevölkerung Walldorfs verpflichtet. Eine der heftigsten Folgen des Klimawandels wird die zunehmende Hitze sein. Für die Jahre 2022 und 2023 verzeichnete das RKI deutschlandweit bereits eine hitzebedingte Übersterblichkeit von 4500 beziehungsweise 3100 Todesfällen. Besonders gefährdet sind vor allem ältere Menschen, Kleinkinder, Menschen mit Vorerkrankungen und Menschen, die auch bei hoher Hitze im Freien arbeiten müssen. Um diese Bevölkerungsgruppen zu schützen und der Hitze entgegenzuwirken, sind wir von Bündnis 90/Die Grünen mit unserem Antrag auf einen Hitzeaktionsplan einen wichtigen Schritt vorangegangen, der in allen Fraktionen Zustimmung fand und von der Verwaltung bereits ausgearbeitet wurde. Weiteres Handwerkszeug liegt uns dazu mit dem Landschaftsplan oder dem kommunalen Klimaanpassungskonzept vor. Diese Konzepte dürfen nicht in der Schublade verschwinden – es liegt an uns als Gemeinderat, sie mit Leben zu füllen und Walldorf fit für die Folgen der Klimakrise zu machen. Ein wichtiger Aspekt sind dabei sogenannte Hitzeinseln in der Stadt, die dicht bebaut und stark versiegelt sind und sich im Sommer besonders stark aufheizen, wodurch ein Aufenthalt dort fast unmöglich wird. Ein solcher stark versiegelter Ort in Walldorf ist der Rathausvorplatz. Um diesen neu und klima-angepasst zu gestalten, haben wir für das Jahr 2024 bereits Haushaltsmittel beantragt. Andere Orte sollen folgen, denn für uns von Bündnis 90/Die Grünen ist klar: Walldorf muss grüner werden! Wir brauchen mehr Bäume in der Stadt und mehr Grünflächen! Das hilft uns gegen die Folgen der Klimakrise, steigert die Biodiversität in der Stadt und wirkt sich positiv auf unser aller Wohlergehen aus.
Waldschutz ist Klimaschutz – Klimaschutz ist Waldschutz
2023 hat mit Achim Freund ein neuer Förster die Verantwortung für unseren Wald übernommen. Die größte Herausforderung seiner Amtszeit ist der Klimawandel. Wir von Bündnis 90/Die Grünen werden ihn mit allen nötigen Mitteln unterstützen, denn die Funktionen des Waldes vor unserer Haustür sind unersetzlich! Wir brauchen ihn als Lebensraum für viele verschiedene Tiere und Pflanzen, als „grüne Lunge“ zur Produktion von Sauerstoff, als Klimaschützer in seiner Funktion als CO2-Senke, als Lärmschutzwand und als Luftfilter für den Lärm und die Schadstoffe des Verkehrs von der Autobahn und nicht zuletzt als Naherholungsgebiet, das eine wichtige Funktion für unser Wohlbefinden erfüllt. Viele der derzeitigen Baumarten haben es schwer, die Kombination aus trockenen Böden, Hitze, Neophyten (zum Beispiel die Kermesbeere) und Schädlingen setzt ihnen schwer zu. Gemeinsam mit der forstlichen Versuchsanstalt wurden und werden neue Baumarten getestet, die sich den Folgen der Klimakrise besser widersetzen können. Eine Kombination aus neuen Baumarten und naturnaher Waldentwicklung könnte eine Lösung sein, die unseren so wichtigen Wald – wichtig für uns, für die Biodiversität und als Verbündeter gegen den Klimawandel – erhält. Mit dem Waldklassenzimmer haben wir eine ganz besondere wertvolle kommunale Einrichtung hier in Walldorf. Generationen von Schulkindern haben dort schon lernen dürfen, wie wichtig der Wald für uns ist und warum wir ihn schützen und erhalten müssen. Wir von Bündnis 90/Die Grünen setzen uns dafür ein, dass uns das Waldklassenzimmer noch lange erhalten bleibt, und wir wollen es als Institution weiter stärken und mit neuen pädagogischen Ideen attraktiv für zukünftige Generationen von Schüler*innen gestalten.
Der Walldorfer Tierpark – ein Aushängeschild in der Region
Einen eigenen Abschnitt in der Haushaltsrede bekommt in diesem Jahr unser Tierpark. Der Walldorfer Tierpark ist eine feste Institution unserer Stadt und seit Jahrzehnten ein Besuchermagnet für Jung und Alt, weit über die Stadtgrenzen hinaus. Doch vieles im Tierpark ist mittlerweile in die Jahre gekommen und nicht mehr zeitgemäß. Deshalb haben wir als Gemeinderat schon 2021 beschlossen, dass der Tierpark generalüberholt wird. Ein neues Betriebsgebäude inklusive Tierpark-Klassenzimmer (ein absolutes Highlight für die Kinder in den Walldorfer Schulen und Kindergärten!) wurde bereits 2023 in die Wege geleitet – ab April 2024 wird ein Arbeitskreis tagen, um gemeinsam ein neues Tierpark-Konzept zu erstellen. Wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen dabei einen klaren Fokus auf heimische Tierarten legen – möglichst in Verbindung mit Artenschutzprojekten, wie bereits mit dem Europäischen Nerz im alten Affenhaus eines durchgeführt wird. Die Hauptattraktion des Parks soll der Schaubauernhof werden, der neben alten und bedrohten Nutztierrassen auch traditionelle Formen der Landwirtschaft und lokale Produktionsketten („vom Korn zum Brot“) anschaulich und zielgruppengerecht vermittelt. Wir setzen uns dafür ein, dass der Tierpark auch in Zukunft eine Institution und ein Aushängeschild in der Region mit großem pädagogischem Mehrwert für Walldorf ist und sehen die nötigen finanziellen Mittel dafür sehr gut investiert.
Mobilität
Perfekt bietet sich für den Übergang zum Thema Mobilität hier die Situation rund um unsere Schulen an. Seit Jahren ist die verkehrliche Situation insbesondere an der Waldschule mangelhaft. Das im Rahmen der Bautätigkeiten beschlossene Verkehrskonzept muss noch im ersten Halbjahr 2024 planerisch angegangen werden. Der von uns Grünen erfolgreich beantragte Zebrastreifen sowie die von der Verwaltung auf Einwirken der Eltern partielle Änderung in der Neuen Heimat können hier nur der Anfang gewesen sein. Hier muss aus unserer Sicht endlich großräumig und konsequent gedacht werden. Wenn unbelehrbare Eltern ihre Kinder mit dem Auto bis fast auf den Schulhof fahren wollen, so muss, wie in vielen anderen Kommunen geschehen, auch mit zeitlich eingegrenzten Sperrungen für Nicht-Anwohnende und gegebenenfalls abseits der Schule mit Kiss-and-Ride-Zonen reagiert werden. An der Waldschule böte sich aus unserer Sicht beispielsweise ein Bereich des Kieselwegs an. Das heutige Verkehrschaos vor unseren Schulen gefährdet Leib und Leben unserer Kinder. Damit muss nun Schluss sein! Hirn ist eben durch nichts adäquat zu ersetzen. Auch nicht durch noch mehr unnötige Autofahrten. Wir hoffen hierbei diesmal auf die konsequente Unterstützung aller Fraktionen, für wirklich große Lösungen.
Dass zumindest auch am Schulzentrum morgendlich chaotische Zustände herrschen, ist hinreichend bekannt. Auch hier braucht es ein Konzept, um zu Fuß gehende oder radfahrende Schüler*innen vor den Blechlawinen zu schützen. Eine Kiss-and-Ride-Zone im Bereich vor dem Schwimmbad könnte aus unserer Sicht hier, wenn auch nur einer der Bausteine sein.
Denn, dass wir in Walldorf Mobilitätswende können, beweisen die Nutzendenzahlen aus der Datenerhebung zur Fahrradstraße. Hier benötigt es auch an anderen Stellen mehr Mut zur Veränderung. Doch neben dem uns Grünen wichtigen Fahrradverkehr braucht es auch sichere Bereiche für Fußgänger. Aus dem Fußverkehrskonzept und drei weiteren Bausteinen müssen die richtigen Schlüsse und dann auch Handlungen folgen. Beispielhaft in Walldorf ist nach wie vor die Situation an der Drehscheibe und in der Hauptstraße. Hier muss konsequent umgedacht und umgesetzt werden. Nur mit Einzelmaßnahmen wie der Ausweisung einer Einbahnstraße oder einer Verbreiterung der Parkplätze für Autos wird es weder gelingen, die notwendige Sicherheit herzustellen, noch die Innenstadt derart zu attraktivieren, dass man sich dort gerne und oft aufhält, geschweige denn dort einkauft. Die Besucherfrequenz wird weiter sinken und in der Folge unsere hochgeschätzten Einzelhändler abwandern. Unsere Fraktion wird konsequent darauf hinarbeiten, dieser Situation entgegenzuwirken.
Den Themenkomplex möchten wir mit einem Zitat des Städteplaners Ernst May schließen „Die Innenstädte sind verstopft, sie können den Verkehr nicht mehr aufnehmen. Deshalb muss der Verkehr von der Peripherie zur Innenstadt abgebremst werden.“ In Walldorf ist dazu bereits vieles da, mit zum Beispiel den drei Parkgaragen in unmittelbarer Zentrumsnähe. Einzig der Wille zur Umsetzung scheint uns hier im Rund in Teilen noch schwach zu sein.
Solarinitiative in Walldorf
Die Energie der Sonne ist eine Ressource, die uns kostenlos zu Verfügung steht. Erneuerbare Energien gelten nun als überragendes öffentliches Interesse und tragen zur Versorgungssicherheit bei. Aber ob das Klimaziel – 65 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich von 1990 bis 2030 – eingehalten werden kann, ist fraglich.
In Walldorf ist auch das anders. Auf unseren Antrag hin wurden 2022 zwei Millionen Euro im Haushalt der Stadt Walldorf für eine „Solarinitiative“ eingestellt. Dieses nunmehr städtische Förderprogramm Photovoltaik für Dachflächen hat eine solche Dynamik entwickelt, dass wir seitdem jedes Jahr drei Millionen Euro für die Fortführung, seit 2023 erweitert um die Förderung von PV-Anlagen auf Firmendächern, in den Haushalt einstellen, was wir ausdrücklich begrüßen und was von Ihnen, liebe Walldorfer*innen, auch sehr umfangreich genutzt wird. Herzlichen Dank dafür.
Wir Grüne fordern mehr. Die Freiflächen-PV-Anlage an der A5 soll repowert werden.
Aber nicht nur im Solarbereich, wir wollen in den Bau von Windenergieanlagen auf Walldorfer Gemarkung einsteigen. Die Notwendigkeit der regenerativen Energieerzeugung hat der Walldorfer Gemeinderat durch die Verabschiedung der Solaroffensive schon vor einiger Zeit erkannt. Ein weiterer wesentlicher und logischer Schritt ist es nun, zu prüfen, ob es in Walldorf auch die Möglichkeit gibt, Energie von Windrädern zu erzeugen.
Mit all diesen Maßnahmen und dem Ausschöpfen der Walldorfer Potenziale können und wollen wir zu einer zügigen Energiewende beitragen. Für uns Grüne ist es wichtig, dass mit den städtischen Fördergeldern Technologien der Zukunft aufgebaut werden, die zur Versorgungssicherheit beitragen, den Klimawandel verlangsamen und unsere Abhängigkeit von kriminellen Diktatoren verringern.
Sozialer Wohnungsbau
Noch immer stehen derzeit auf der Warteliste des Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft Walldorf circa 120 Bewerber mit einem aktuell gültigen Wohnberechtigungsschein für sozial geförderten Wohnraum.
Eine sozialgerechte Wohnraumversorgung ist Kernaufgabe kommunaler Daseinsvorsorge. Für uns von Bündnis 90/Die Grünen steht im Mittelpunkt kommunaler Wohnversorgungsstrategien nicht nur der Erhalt preiswerten Wohnraums, sondern auch der Neubau von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen.
An der Wieslocher Straße wird demnächst mit dem Bau von 45 Wohnungen begonnen. Durch den Ankauf eines weiteren Grundstücks im unmittelbaren Anschluss an dieses Bauvorhaben gibt es auch hier die Möglichkeit für die rasche Umsetzung einer Bebauung mit preiswerten, sozialen Wohnungen und diese fordern wir.
Und bitte schneller als bei der neuen Wohnbebauung an der Heidelberger Straße/Hebelstraße. Dort hat es mehr als fünf Jahre gedauert, bis nach dem Baubeschluss mit den Baumaßnahmen begonnen wurde.
Als weitere Potenzialfläche für geförderten Wohnungsbau sehen wir nach wie vor den Bereich Kolpingstraße/St. Ilgener Straße. Das vorhandene Planungsgebiet mit einer Fläche von circa 1500 Quadratmetern wurde schon bei Beratungen des Gemeinderats im Jahr 2016 als Potenzialfläche für ergänzenden städtischen Wohnungsbau vorgesehen. Für die Nutzung dieser Potenzialfläche für kommunalen Wohnungsbau werden wir unseren Antrag aus 2019 im Jahr 2024 erneut stellen.
Pflegeheim
Glücklich sind wir, dass nun endlich der Bau eines neuen Pflegeheims in Walldorf angegangen wird. Die demografische Entwicklung hat schon lange belegt, dass Walldorf mehr Pflegeplätze braucht, als wir zur Verfügung haben. Die Prognose gab für Walldorf eine Zahl von 160 stationären Pflegeplätzen für 2025 vor. Die Landesheimbauverordnung von 2009 hat festgelegt, dass es ab 2023 nur noch Einzelzimmer geben darf, das führt im Pflegeheim Astorstift zu einer Reduktion um zwölf Betten auf 58 Betten ab 2023. Diese Unterversorgung muss behoben werden. Der Beschluss im Gemeinderat wurde schon 2018 gefasst. Während der Amtszeit der vorigen Bürgermeisterin hat sich in Walldorf in den letzten zehn Jahren wenig bis nichts bewegt. Es war an der Zeit, aktiv zu werden, um die Pflegeplatzquote in unserer Stadt zu erfüllen, und wir denken, wir haben die Entscheidung durch unseren Antrag zu den Haushaltsberatungen 2022, sofort ein Pflegeheim zu planen und zu bauen, beschleunigt.
Bildung und Betreuung
Die Betreuungssituation für den KiTa- und KiGa-Bereich in Walldorf ist räumlich zwar nach wie vor hervorragend, allerdings trifft uns in Walldorf auch der Fachkräftemangel ins Mark. Nicht ausreichend und gut betreute Kinder sind für uns inakzeptabel. Wir fordern nach wie vor einen Masterplan und erwarten dazu eine intensive Beschäftigung der Verwaltung und des Gemeinderats mit der Thematik. Auch die Schulen benötigen stets ausreichend erzieherische Fachkräfte, um den wachsenden Herausforderungen, speziell nach Corona, gut entgegenwirken zu können.
Bei den Schulen hingegen sehen wir Grünen aber die Raumthematik als nach wie vor prioritär. So lösen wir mit den Neu- und Erweiterungsbauten an der Waldschule die räumliche Enge in den Grund- und der Werkrealschule auf. Am Schulzentrum jedoch herrscht eine Vollbelegung der Räumlichkeiten wie auch der Mensa. Hier müssen wir konzeptionell mit allen Beteiligten drangehen, diesen Engpass zukunftssicher aufzulösen. Käme G9, so wäre die Einführung in Walldorf nur denkbar, wenn man jetzt schon modular für die Zukunft plant.
Auch mit dem Schulessen, dessen konzeptionelle Überarbeitung ja im letzten Jahr, dank unseres gemeinsamen Antrages mit der CDU-Fraktion, qualitativ auf neue Eckpfeiler gestellt wurde, leisten wir als Schulträger einen wichtigen Beitrag für die Zukunft der jungen Generation und der Familien.
Soziales und Jugend
Vor einem Jahr hatten wir unseren Antrag auf kostenlose Bereitstellung von Menstruationsartikeln in öffentlichen Gebäuden sowie in den Walldorfer Bildungseinrichtungen hier im Rat debattiert und heute befinden wir uns in der ersten Testphase an der Waldschule. Wir sind froh, damals dieses Thema auf die Agenda gebracht zu haben und somit einen Beitrag zur Unterstützung von menstruierenden Personen geschaffen und zur Enttabuisierung beigetragen zu haben. Wie bereits erwähnt, läuft nun seit dem Sommer das Pilotprojekt an der Waldschule und wir sind gespannt auf die ersten Berichte diesbezüglich im neuen Jahr.
Ein weiteres wichtiges Anliegen war für uns die Bereitstellung von sanitären Anlagen am Skatepark. Der Skatepark war und ist ein Projekt, welches neben Familien vor allem die Jugendlichen aus Walldorf und Umgebung nachhaltig begeistert. Dieser soll als attraktiver Aufenthaltsort gestaltet werden. So war es für uns unabdingbar, hier eine WC-Anlage zu errichten, und wir tragen auch die höheren Kosten mit, um optimale Bedingungen zu schaffen. Da viel Energie, Arbeit und vor allem Austausch in die Gestaltung des Skateparks gesteckt wurde, ist es essenziell, diesen Ort nachhaltig und bewusst nutzen zu können. Der Skatepark und die umliegenden grünen Flächen sind Orte, an denen Menschen physisch aktiv werden, schwitzen, essen und gemeinsam Zeit und Pausen verbringen. So stellt, wie bereits erwähnt, die Verfügbarkeit von sanitären Anlagen einen Grundstein dafür dar, dass Menschen dieses Angebot großzügig in Anspruch nehmen und sich dort wohlfühlen können.
Um den Jugendlichen aus Walldorf, wie bei dem Skatepark-Projekt, Mitsprache zu ermöglichen, sind wir auch stolz darauf, dass dieses Jahr der Achter-Rat mit Beteiligung von mehreren hundert Schüler*innen stattgefunden hat. Uns, Bündnis 90/Die Grünen, ist es eins der wichtigsten Anliegen, Politik und Kommune in Zusammenarbeit und Austausch zu gestalten. Viele neue Ideen und Anregungen konnten wir aus diesem Zusammenkommen mitnehmen. Wir bedanken uns auch hier noch mal bei allen, die bei der Organisation und Umsetzung mitgeholfen haben, sowie bei allen Schülern*innen, welche uns ihre Wünsche und Forderungen für Walldorf dargelegt haben. Wir werden, wie auch schon in den vergangenen Jahren, weiter versuchen, diese umzusetzen und unseren Fokus darauf legen. Insbesondere möchten wir auch hier noch einmal betonen, dass wir jederzeit für genau solche Wünsche oder einen generellen Austausch mit Jugendlichen bereitstehen, denn Walldorf kann diesbezüglich noch viel mehr in den kommenden Jahren leisten. Die Stimme der Jugend ist nicht nur die Stimme der Zukunft, sondern auch eine unverzichtbare Quelle frischer Ideen und Perspektiven. Die Meinung und Visionen der Jugendlichen formen die Grundlage für eine lebendige, dynamische und zukunftsorientierte Kommune.
Im aufregenden Jahr 2023 haben wir wie die letzten Jahre bereits beeindruckende Projekte und Interaktionen auf den Weg gebracht und schätzen genauso auch die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Jump und Jugendforum. Durch diese jahrelange und kreative Zusammenarbeit gelingt es uns immer wieder, neue Projekte für Kinder und Jugendliche anzugehen und umzusetzen. Auch wird dies im Jahr 2024 ein zentrales Anliegen sein. Wir werden uns weiterhin engagieren, um die jüngeren Generationen aktiv in die Gestaltung ihrer Stadt einzubeziehen.
Eckdaten der Haushaltssatzung 2024
Der Haushaltsplan 2024 sieht wie folgt aus:
Der Ergebnishaushalt sieht folgende Zahlen vor:
Ordentliche Erträge gesamt: 232.426.900 Euro
Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen:-180.765.270 Euro
Ordentliches Ergebnis:51.661.630 Euro
Nach dem Einnahmerückgang der Gewerbesteuer im Jahr 2023 werden sich die Einnahmen für 2024 wieder konsolidieren und sind fast zur alten Höhe zurückgekehrt. Hintergrund für das Ergebnis im Jahr 2023 war die Rückzahlung von 96 Millionen Euro an Gewerbesteuer-Vorauszahlungen.
Für die Vorhaben, denen sich die Stadt Walldorf in Zukunft stellt, braucht man gutes, qualifiziertes Personal. Wir Grüne haben es schon erwähnt und wiederholen das gerne: Wir sind bereit, hier neue Weg zu gehen. Mitarbeiterwohnungen, Personalentwicklung, Zulagen und andere Bonusleistungen werden Themen sein, mit denen wir uns in den nächsten Jahren beschäftigen müssen.
Ein weiteres wichtiges Thema in den nächsten Jahren, auch darauf möchten wir immer wieder hinweisen, wird ebenfalls die
Stadtentwicklung – Walldorf im Jahr 2050 – eine ökologiefreundliche Stadt
sein. Wer weiß, wie lange es dauert, bis Planungsprozesse zu einer Realisierung führen, der muss sich schon heute Gedanken machen und Dinge anfangen umzusetzen, um dann tatsächlich in 20 bis 30 Jahren etwas verändert zu haben oder verändern zu können. Diesen Prozess wollen und werden wir angehen.
Gestalten wir gemeinsam eine menschengerechte Stadt
Dazu möchten wir Sie und euch einladen, auf einen ideellen Spaziergang durch das Walldorf der Zukunft: Bäume, gute Luft, spielende Kinder, Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang. Wir müssen mutig sein, gestalten wir Parklets, die anstelle von Parkplätzen Menschen zum Verweilen, Beobachten, Eis essen einladen.
Wir brauchen in Walldorf Beispiele, wie ein Perspektivenwechsel gelingen kann – weg von der Ideologie der autogerechten Stadt, von der sich manche leider nur schwer lösen können, hin zu einer Stadt mit mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität für alle!
Und alle können mitmachen – Große-Kleine, Alte-Junge, Reiche-Arme, Beschäftigte-Unternehmen, Vereine-Institutionen, Parteien-Ungebundene, und, und, und.
Zum guten Schluss danken wir allen Walldorfer*innen für Ihren Einsatz in unserer Kommune, für die umfangreiche, unschätzbare ehrenamtliche Arbeit, in den Vereinen, in den Kirchen, im Sozialen, die bei uns in Walldorf geleistet wird.
Und natürlich danken wir all den Steuerzahler*innen, ohne die unsere sehr gute Infrastruktur, unser Gemeinwesen und unsere geplanten Vorhaben und Aktivitäten nicht umsetzbar wären.
Wir bedanken uns bei den anderen Fraktionen für den Austausch von Argumenten, für einen Kampf um die beste Lösung, denn das ist Politik, und das mitunter heftige Streiten, um danach doch wieder gemeinsam ein Bier trinken zu gehen.
Wir bedanken uns beim Bürgermeister, den Fachbereichsleitern und allen Mitarbeitern der Stadt Walldorf für die gute Zusammenarbeit, den hohen Einsatz und die geleistete Arbeit.
Für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen
Wilfried Weisbrod